Neuss Groove betonter Jazz mit neuer Klangästhetik

Neuss · Im Rahmen der Reihe "Blue in Green" präsentierte Komponist Stephan Mattner sein "String Project".

Hoch interessante Hörerlebnisse boten sich den Besuchern im gut besetzten Kulturforum Alte Post beim jüngsten Konzert der Jazzreihe "Blue in Green". Stephan Mattner (42), einer der profiliertesten Jazz-Saxophonisten und Komponisten der aktuellen Szene, war mit seinem völlig neuen "String Project" zu Gast. Seine ganz frischen Kompositionen - die letzten Noten gab es erst zur letzten Probe - verbinden auf faszinierende Weise Streichquartett mit vier profunden Jazzern.

Der Dortmunder spielt exzellent mit seinen klassischen Wurzeln, denn erst nach einem klassischen Studium der Instrumentalpädagogik und Saxophon widmete er sich an der Folkwanghochschule Essen dem Jazzstudium. In seinem "String Project" zeichnet er in acht Teilen (ohne Pause) ein balladeskes Klanggemälde, das einerseits Klassik und Jazz verbindet, und deutlich von den Klangmöglichkeiten der Saiteninstrumente inspiriert ist.

Zwar beginnen den ersten Teil geradezu lyrisch die Jazzer mit ersten tollen Improvisationen im Bass (Sebastian Räther) und Gitarre (Philipp van Endert), die aber bald durch wirkungsvollen Streichersound geradezu dramatisiert werden. Einer intimen Improvisation auf dem Tenorsaxofon lässt Stephan Mattner wiederum einen Streichersatz fast als Trauermarsch folgen. Auch bei den Streichern spiegeln sich die ausgeprägten Melodien in groovigen Soli wider. Sie sind bedeutender Bestandteil der Kompositionen von großer Ästhetik, gelegentlich asketischer Strenge mit ausgeprägten Melodien und vor allem klanglichen Farbenreichtum.

Den vierten Teil leitet ein Violoncello-Solo ein, den fünften Teil das Streichquartett im nordischen Ton, den Stephan Mattner nun mit dem Sopransaxophon aufnimmt. Das Streichquartett besetzen ausschließlich Damen, die alle an der Hochschule für Musik und Tanz Köln studiert haben: Julia Brüssel und Zuzana Leharová (Jazzvioline); Elisabeth Coudoux (Violoncello) verbindet mit Stephan Mattner, dass auch sie zuerst in Dresden ein klassisches Studium absolvierte, bevor sie sich in Köln auf das Jazzcello konzentrierte. Die studierte Psychologin Pauline Buss (Viola) wandert zwischen den Welten, denn neben dem Jazzstudium in Köln spielt sie aktuell auch in der Kammerphilharmonie Hamburg.

Dieses großartige Potenzial darf sich so richtig austoben in Improvisationszugaben. Eine bemerkenswerte Rolle spielte auch Silvio Morger (Drums). Meist verhalten, richtiger: Höchst einfühlsam markierte er den Rhythmus passgenau und originell zwischen Jazz und Klassik. Das Zusammenspiel war exakt einstudiert, mit wenigen Zeichen stütze Stephan Mattner die Sicherheit.

(NGZ)
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