Neuss Geschäfte als "rettende Inseln" in der Not

Neuss · Läden, öffentliche Einrichtungen und Praxen in Erfttal haben ein gemeinsames Schutzprojekt ins Leben gerufen. Ein Logo mit einer "Notinsel" an ihren Fensterscheiben zeigt: Hier finden Bürger - vor allem Senioren und Kinder - Hilfe.

 Engagieren sich beim neuen "Notinsel"-Projekt und wollen den Bürgern in Erfttal Orientierung bieten (v.l.): Paul Petersen, Claudia Lohmann, Ulrike Marquardt, Hannegret Frohn und Elisabeth Hüls.

Engagieren sich beim neuen "Notinsel"-Projekt und wollen den Bürgern in Erfttal Orientierung bieten (v.l.): Paul Petersen, Claudia Lohmann, Ulrike Marquardt, Hannegret Frohn und Elisabeth Hüls.

Foto: Andreas Woitschützke

Ein neues Schutzprojekt weist hilfesuchende Kinder und Senioren in Erfttal ab sofort auf einen Zufluchtsort hin, an dem sie Sicherheit finden: Das blau-orangefarbene Notinsel-Logo ist seit gestern an rund 17 Erfttaler Geschäften, Einrichtungen und Praxen - etwa an der Apotheke, am Kindergarten, am Supermarkt, an der Post und an der Schule - angebracht und zeigt Bürgern, die orientierungslos oder verwirrt sind, Angst haben oder Hilfe benötigen, dass sie dort, so lange die Institutionen geöffnet sind, Unterstützung erhalten.

"Wichtig war uns zu zeigen, dass andere hingucken und man in seiner Not nicht allein ist", sagt Ulrike Marquardt, Schulsozialarbeiterin an der Gebrüder-Grimm-Grundschule. "Wir denken zum Beispiel an Kinder, die sich bedroht fühlen, aber auch an ältere Menschen, die beispielsweise einen Schwächeanfall erleiden." Sie können nun nach dem Logo Ausschau halten und sich an die Mitarbeiter der jeweiligen Stätten wenden. Alle Teilnehmer haben einen Notfallplan mit den Telefonnummern der zuständigen Einrichtungen - Kindergärten, Schulen und Bürgerhaus - erhalten und können diese kontaktieren.

Ulrike Marquardt hat das Notinsel-Projekt mit dem einprägsamen Logo, auf dem ein schützender Schirm auf einer Insel dargestellt ist, gemeinsam mit dem DRK-Familienzentrum, dem Bürgerhaus Erfttal und anderen Vertretern aus der Stadtteilkonferenz ins Leben gerufen. "Orientiert haben wir uns an ähnlichen Projekten für hilfesuchende Kinder, unter anderem in Dormagen, jedoch den Kreis der Adressaten bewusst auf Senioren erweitert", sagt Hannegret Frohn, Leiterin des Familienzentrums. In Erfttal leben etwa 5100 Menschen, der Anteil der Senioren steige stetig, sagt Stadtteilmanager Paul Petersen vom Bürgerhaus. Zudem leben in Erfttal viele Menschen mit Migrationshintergrund; in der Grimm-Grundschule sind es rund 90 Prozent der Schüler. "Einige sprechen nicht gut Deutsch, daher haben wir ein Zeichen gewählt, dass für alle leicht als ,Zufluchtsort' erkennbar ist", sagt Schulleiterin Elisabeth Hüls. Mit den Schülern hat sie über das Projekt gesprochen, alle Bürger erhalten zudem einen Info-Flyer, der in sieben Sprachen verfasst ist.

"Die Resonanz der Einrichtungen auf die Initiative war durchweg positiv - jeder macht begeistert mit", sagt Petersen. Die Stadt Neuss habe bereits Interesse an einer stadtweiten Ausweitung der Initiative angemeldet und im Facharbeitskreis "Kinder in Erfttal" werde das Projekt dem Jugendamt vorgestellt. "Unser Ziel ist es schon, das Projekt auf ganz Neuss auszuweiten", sagt Ulrike Marquardt. Jedoch sei dafür eine Abstimmung mit vielen Behörden und Einrichtungen notwendig. "Wir in Erfttal wollten mit der Realisierung des Projekts nicht mehr länger warten. Dadurch, dass wir Unterstützung sichtbar machen, wollen wir präventiv handeln", sagt sie.

So vergingen vom ersten Gedanken bis zum fertigen Logo und der Information aller Bürger nur rund sechs Monate. "Erfttal ist wie ein Dorf, mit starkem Zusammenhalt und viel Ehrenamt - nur so kann ein solches Projekt schnell auf die Beine gestellt und Hilfe auf kurzem Weg angeboten werden", sagt Paul Petersen.

(NGZ)
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