Neuss Gemeinsam wachsam - gegen Rassismus

Neuss · Mehrere Akteure und Institutionen in der Stadt schließen sich zusammen, um aktiv das Stadtgeschehen mitzugestalten. "Gemeinsam wachsam" heißt das Projekt gegen Intoleranz, Antisemitismus und Rassismus. Es soll ein Zeichen setzen.

 Bürgerstiftung und Puzzle-Frauen starteten Aktion die gemeinsame Aktion (v.l.): Bert Römgens, Charlotte Kons, Rukiye Baser, Deniz Elbir und Hamdi Berdid.

Bürgerstiftung und Puzzle-Frauen starteten Aktion die gemeinsame Aktion (v.l.): Bert Römgens, Charlotte Kons, Rukiye Baser, Deniz Elbir und Hamdi Berdid.

Foto: woi

Stadtgesellschaften definieren sich neu - müssen sich neu definieren, wenn es nach der Projektgruppe "Gemeinsam wachsam" geht, innerhalb derer der Raum der Kulturen Neuss, das Kulturamt, die Jüdische Gemeinde Düsseldorf-Neuss, die Puzzle-Frauen für Dialog und Toleranz und die Bürgerstiftung Neuss ein neues Stadtbild präsentieren und ein Zeichen gegen Antisemitismus, antimuslimische Hetze und Rassismus setzen.

Im alten Ratssaal des Rathauses kamen jetzt rund 200 Neusser christlichen, jüdischen und muslimischen Glaubens und mit unterschiedlichen Wurzeln zusammen, um das Projekt und vor allem sich kennenzulernen. "2017 hat jeder vierte Neusser einen Migrationshintergrund", betonte Sven Schümann, stellvertretender Bürgermeister. "Offenheit, gelebte Wertschätzung und Achtung voreinander sind die Stützpfeiler unserer Gesellschaft." Er wünscht sich, dass alle Menschen voneinander lernen, um im Alltag das zu verstehen, was fremd ist.

Hamdi Berdid, Vorsitzender vom "Raum der Kulturen", erinnerte an die Vergangenheit der Stadt: "Die Stadt Neuss blickt auf eine Geschichte zurück, die bei genauerem Hinsehen multiethnisch geprägt ist. Und auch heute erleben wir unsere Heimatstadt so", sagte er. "Unsere ethnische Herkunft, Sprache, Religion oder sexuelle Orientierung sollte nicht wichtig sein, sondern dass wir alle Neusser sind und dass unser Mittelpunkt die Neusser Stadtgesellschaft ist." Diese gelte es, mitzugestalten - auf Augenhöhe. Ein neues "Wir-Gefühl" soll geschaffen werden: "Niemand darf in unserer Stadtgesellschaft aufgrund seiner Herkunft, seines Glaubens oder seiner sexuellen Orientierung stigmatisiert werden."

Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf-Neuss ist in Sorge wegen zunehmender Hetze. Deshalb ist sie ebenfalls Teil des Projekts. Bert Römgens brachte seine Freude zum Ausdruck, die erste gemeinsame Veranstaltung an Erev Chanukka begehen zu können. "Wir als jüdische Gemeinde zünden gleich mit Ihnen zusammen die erste Kerze und gedenken - was uns sehr wichtig ist - unserer religiösen Freiheit." Gemeinsam mit Menschen unterschiedlicher Kulturen ein neues Stadtbild zu definieren, sei ein wichtiger Weg, sich gegen das Dunkle zu positionieren. "Aktuell ist die Situation schwierig, aber gerade deshalb ist es wichtig, dass sich Menschen treffen und Visionen haben, Stadtgesellschaften neu zu definieren." In den vergangenen Jahren seien Flüchtlinge ein großes Thema gewesen. "Es gab viele Diskussionen - insbesondere vom rechten Rand -, die diese Diskussion zu einer eher unmenschlichen gemacht haben. Wir als Jüdische Gemeinde haben eine hohe Expertise in diesem Bereich. So sind zwischen Ende der 80er Jahre und 2006 über 200.000 jüdische Kontingentflüchtlinge aus dem russischsprachigen Raum nach Deutschland gekommen, wurden hervorragend integriert und sind für uns eine absolute Bereicherung", so Römgens.

Im Anschluss an sein Grußwort, in dem er auch noch einmal auf die aktuelle politische Lage hinwies, wurde gemeinsam die erste Chanukkakerze gezündet. Begleitet wurde das Gebet Maos Zur von der Violinistin und Kunstpreisträgerin 2016 Lilit Tonoyan. Später gab es ein von den Puzzle-Frauen liebevoll vorbereitetes, koscheres und Halal-Büffet sowie einen regen Austausch.

(NGZ)
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