Peter Dieter Schnitzler "Further Identitätsprozess läuft noch"

Neuss · Er war Regisseur und Schauspieler. Den Blick für Realitäten und Inszenierungen hat er sich bewahrt. Peter Dieter Schnitzler, das Gewissen der Nordstadt, über sein Further Buchprojekt und den fortwährenden Auftrag, Heimat offensiv zu gestalten.

 Peter Dieter Schnitzler (75) ist im Kolpingviertel auf der Furth zu Hause. Seit vielen Jahren engagiert er sich im und für den Initiativkreis Nordstadt.

Peter Dieter Schnitzler (75) ist im Kolpingviertel auf der Furth zu Hause. Seit vielen Jahren engagiert er sich im und für den Initiativkreis Nordstadt.

Foto: L. Berns

Herr Schnitzler, das Buch "Wege durch die Nordstadt" soll im Herbst erscheinen. Worauf dürfen sich die Further und die Neusser freuen?

Peter Dieter Schnitzler Den Rahmen bilden sechs Spaziergänge durch die Furth. Jeweils zwei über die südliche, mittlere und die nördliche Furth. In 240 Beiträgen, reich bebildert, wollen wir Geschichte aufschreiben, Persönlichkeiten porträtieren und den Ist-Zustand festhalten. Nach meinem Wissen ist es die erste umfassende Bestandsaufnahme für die Furth.

Kommen Sie und Ihr Redaktionsteam in Ihrem neuen Buch auch zu einer Bewertung?

Schnitzler Wir haben kein Fazit gezogen, weil wir ein Geschichts- und Lesebuch vorlegen wollen. Dazu arbeiten wir die DNA der Furth heraus. Wir zeigen auf, wie die Höfe und kleinen Siedlungen im Laufe der Jahrzehnte, vor allem nach 1913, zusammengewachsen sind. Parallel zu diesem städtebaulichen Prozess gibt es einen inhaltlichen Prozess, dass Menschen, die nebeneinander wohnen, auch eine Gemeinschaft bilden. Dieser Identitätsprozess läuft seit langem, aber er ist nicht abgeschlossen und bleibt eine Herausforderung.

Schützen, Werbekreis und Initiativkreis legen sich ins Zeug, das Wir-Gefühl zu stärken. Reicht das nicht?

Schnitzler Die Schützen sind für das Leben und den Zusammenhalt ein ganz wichtiger Faktor und sie übernehmen diese Verantwortung auch. Das gilt auch für den Werbekreis, der in erster Linie aber der Wirtschaftlichkeit seiner Mitgliedsunternehmen verpflichtet ist. Die inhaltliche Einordnung und Interessensvertretung muss letztlich der Initiativkreis übernehmen, der auch der Motor für gesellschaftliche Entwicklungen sein sollte, damit wir in der Nordstadt unsere Heimat nach außen und innen gestalten.

Das hört sich nach Kritik am Initiativkreis an, für den Sie seit Jahren prägend arbeiten.

Schnitzler Sollte ich kritisch sein, möchte ich meine Aussagen als konstruktiv verstanden wissen. Der Initiativkreis schreibt seit 20 Jahren eine Erfolgsgeschichte. Nikolausmarkt und Skulpturenpfad, Stammtische und Vorträge, Tour de Furth und Gesprächsreihen, Publikationen und Anregungen stehen auf der Habenseite der Bilanz. Es passiert ganz viel mit wenigen Leuten.

Und was genau vermissen Sie dann?

Schnitzler Ich stelle mir einen Initiativkreis vor, der bewertend Position bezieht. Wir müssen wachsam und sorgsam sein, damit die Furth Zukunft hat und nicht emotional ausblutet. Beispiel ehemaliges Casino von Bauer & Schaurte: War uns bewusst, was dort abgerissen werden soll? Es muss neu gebaut werden und es wird auf der Furth viel und gut gebaut. Wäre es da nicht gut, wenn wir auch einmal Substanz und damit Geschichte erhalten?

Kann das ein ehrenamtlich geführter Verein wie der Initiativkreis Nordstadt überhaupt leisten?

Schnitzler Ja, wenn wir es wollen. Ich wünsche mir nur, dass wir die Meinungsbildung zu Themen der Nordstadt aktiver mit Argumenten begleiten, so dass Entscheidungen bewusster getroffen werden. So stelle ich mir Einmischen vor. Aktuell wäre eine Perspektive für das Bauer & Schaurte-Areal zu erarbeiten.

Im Gegensatz zum Neusser Süden hat die Furth keinen Bezirksausschuss. Fehlt der Ansprechpartner?

Schnitzler Ohne Bezirksausschuss zu sein, ist ein Nachteil. Ich verstehe ja, dass es Bedenken gibt, ein zusätzliches Gremium zu bilden, aber ein so großer Stadtteil wie die Nordstadt benötigt die direkte Anbindung an die Arbeit des Stadtrates.

Wie sehen Sie die Rolle der Parteien?

Schnitzler Sie sind auf der Furth meist unter sich - und sie blockieren sich zum Teil, weil die eine der anderen den politischen Erfolg nicht gönnt. Im Ergebnis geschieht wenig. Inzwischen sind sich alle Parteien einig, dass Teile des Nordparks für die Bürger geöffnet werden sollen. Sehr gut! Aber wer setzt es jetzt um?

Was empfehlen Sie?

Schnitzler Als Initiativkreis sollten wir Motor sein, damit Prioritäten gesetzt werden. Der Haltepunkt für die Regio-Bahn ist machbar, die Öffnung des Nordparks ebenso. Also vorantreiben. Die Lösung fürs Jröne Meerke ist schwierig. Hier Naturschutz, dort Freizeitanlage. Da benötigen wir Geduld, ebenso bei der Verkehrs- und Parksituation am Etienne-Krankenhaus. Das sollten wir den Menschen ehrlich sagen.

LUDGER BATEN FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(NGZ)
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