Serie Ein Tag Mit ... Friedhofsgärtner sind freitags im Stress

Neuss · In loser Folge stellt die NGZ Kaarster und ihren Arbeitsalltag vor. Heute: Ralf Kühn. Der 38-Jährige ist Friedhofsgärtner.

 Ralf Kühn mit einem Plan des Kaarster Friedhofs. Er ist für die Pflege der öffentlichen Anlagen zuständig und hilft bei Beerdigungen.

Ralf Kühn mit einem Plan des Kaarster Friedhofs. Er ist für die Pflege der öffentlichen Anlagen zuständig und hilft bei Beerdigungen.

Foto: lber

Kaarst Schon beim Betreten des Büros hinter der Friedhofskappelle wird klar: Das hier ist ein besonderer Arbeitsplatz. Denn eine Urne wartet auf Umbettung. "Ich stelle sie beiseite", sagt Friedhofsgärtner Ralf Kühn. Der 38-jährige ist seit 2011 erster Vorarbeiter und damit Chef von vier festangestellten Mitarbeitern des Kaarster Friedhofs. "Wir haben noch einen Baggerfahrer als Springer", erklärt Kühn. Sein Arbeitsalltag ist ebenso ungewöhnlich wie der Ort - schließlich erlebt er beinahe täglich Beerdigungen.

"Sie kommen in Wellen. Manchmal gibt es nicht so viele, aber das ist nur die Ruhe vor dem Sturm. Vor allem der Freitagstermin ist beliebt", weiß er. Ein gewöhnlicher Tag beginnt um sieben Uhr mit der Morgenbesprechung. Anschließend werden die Anlagen gepflegt, wozu Grünflächen und Wege gehören. "Das sind alles frei zugängliche Flächen, für deren Instandhaltung die Stadt zuständig ist", erklärt der gelernte Steinmetz. Auch die Leerung der Papierkörbe zählt zu den Pflichten. Ab neun Uhr kann es im Stundenrhythmus drei Beerdigungen geben. "Dann heißt es umziehen - raus aus den Arbeitsklamotten, rein in schwarzen Anzug, weißes Hemd, Krawatte", erläutert Kühn. Jeweils zwei Garnituren hat er immer parat. Vor der Beisetzung geht er mit dem Priester den Weg zum Grab ab. Kühn ist zusätzlich zu den Mitarbeitern des jeweiligen Beerdigungsinstituts immer anwesend. "Ich koordiniere die Handlungsabläufe, trage oft die Urne - das wollen auch viele Angehörige", sagt er. Außerdem hilft er bei Bedarf dem Geistlichen.

Danach heißt es wieder umziehen und das Grab schließen. Die halbstündige Mittagspause um 12.30 Uhr verbringen die Mitarbeiter bei mitgebrachten oder bestelltem Essen gemeinsam. Das Verhältnis zum Tod werde schon nüchterner, gibt Kühn zu. Für Gefühlskälte ist aber kein Platz. Beerdigungen von Kindern gehen ihm besonders nahe. Aber auch von sehr alten Menschen, wenn der überlebende Partner bitterlich weine.

Nachmittags stehen wieder Anlagenpflege und Kontrolle der Grabsteine auf Standfestigkeit an. Oder es gibt Ortstermine zwecks Grabvergaben. "Die Angehörigen sind unterschiedlicher Stimmung - ich muss mit allen zurechtkommen", erklärt der Gärtner. Um 16 Uhr ist Feierabend. Seinen Beruf empfindet er als Hilfe und guten Dienst für die Menschen. "Im Grunde habe ich einen wunderschönen Arbeitsplatz an der frischen Luft und bin immer in einer grünen Parkanlage", sagt er mit Schmunzeln. Natürlich müsse er auch bei schlechtem Wetter seine Arbeit versehen. Belastend sind Sarg-Umbettungen, die frühestens nach sechs Jahren erfolgen dürfen. Sein Verhältnis zu den Geistlichen sei gut - er selbst ist evangelisch getauft, aber nicht religiös. "Ich glaube nicht, dass es nach dem Tod weitergeht", sagt er. Privat ist er kein Friedhofsgänger. Nur im Urlaub besucht er große Friedhöfe, weil er sich für die Gestaltung interessiert. Zu Hause in Mönchengladbach erwartet ihn das volle Kontrastprogramm: Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin freut er sich auf die Geburt seiner Tochter im Januar.

(NGZ)
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