Neuss "Es gucken immer mehr Leute hin"

Neuss · Die Kinderschutzambulanz sieht eine positive gesellschaftliche Entwicklung.

 Das Team der Ambulanz für Kinderschutz (v.l.): Anne Waldhoff-Kohlbecker, Leiterin Viola Meuer-Blasius, Lisa Handle und Nadja Frens.

Das Team der Ambulanz für Kinderschutz (v.l.): Anne Waldhoff-Kohlbecker, Leiterin Viola Meuer-Blasius, Lisa Handle und Nadja Frens.

Foto: Milena Reimann

Wenn Kinder bedrängt, geschlagen oder sogar sexuell missbraucht worden sind, ist das immer ein schrecklicher Vorfall. Dennoch blickt die Ambulanz für Kinderschutz vorsichtig positiv auf das 2016 zurück. Wie der jetzt veröffentlichte Jahresbericht zeigt, ist die Zahl der Arbeitsaufträge für das Team auf 540 Stück gesunken - im Jahr davor wurde das Team noch in 651 Fällen um Beratung gebeten.

Dennoch warnt Leiterin Viola Meuer-Blasius vor schnellen Schlüssen: Die Zahl könne auch deshalb gesunken sein, weil es immer mehr Stellen mit geschultem Personal gebe, die bei Verdacht auf Kindesmissbrauch oder -misshandlung Rat wissen, sei es in Schulen oder Therapiezentren. "Das Thema wird auf breiteren Schultern getragen", sagt die Psychologin. Seitdem vor einigen Jahren neue Fälle von Kindesmissbrauch in Schulen und Kircheneinrichtungen bekannt wurden, seien auch Gesellschaft und Politik aufgerüttelt. "Es gucken immer mehr Leute hin", sagt sie.

In 71 Prozent der Beratungsanfragen bei der Stelle, die für den Rhein-Kreis zuständig ist, äußerten die Beteiligten Verdacht auf sexuellen Missbrauch. Dies bleibt die häufigste Anfrage bei der Beratungsstelle. Zugenommen hat der Verdacht auf Misshandlung (in 47 Prozent der Fälle angesprochen). Dies könne laut Meuer-Blasius daran liegen, dass immer mehr Menschen Gewalt in der Erziehung ablehnen, zumal diese seit 2000 verboten ist.

An die Ambulanz wenden sich neben Kindern und Jugendlichen selbst vor allem Angehörige und Erzieher oder Lehrer, die eine Veränderung im Verhalten des Kindes bemerken - von Aggression über Rückzug bis zum auffälligen Verhalten gegenüber einer bestimmten Person. Bei einem Verdacht sei es ratsam, sich erst an eine Beratungsstelle zu wenden, denn der Trubel einer Anzeige könne Kinder so einschüchtern, dass sie schweigen.

(mre)
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