Neuss Erzbistum vor harten Einschnitten

Neuss · Der stellvertretende Vorsitzende des Diözesanrates, Cornel Hüsch, hält einen Perspektivenwechsel im Erzbistum Köln für dringend nötig. Die derzeitige Struktur sei wegen des Priestermangels nicht zu halten.

 Volle Kirchen (hier in St. Quirin) sind schon heute die Ausnahme.

Volle Kirchen (hier in St. Quirin) sind schon heute die Ausnahme.

Foto: OG

Die katholische Kirche im Erzbistum Köln steht vor umwälzenden Veränderungen. "Unsere derzeitige Struktur ist nicht zu halten", stellt Cornel Hüsch fest, der stellvertretende Vorsitzende des Diözesanrates. "Ein erneuter Perspektivenwechsel ist nötig. Der schmerzhafteste bisher", sagte Hüsch, der dem höchsten Laiengremium seit einem Jahr angehört, jetzt bei der Neusser Bürgergesellschaft.

Aber er sagte das nicht mutlos. Die stärkere Mitbestimmung der Laien auch in Fragen der Pastoral, die auch er in seinen Jahren an der Spitze des Kreiskatholikenrates oft und meist vergeblich einforderte, sei jetzt in Reichweite. "Das Wachsen der Kirche wird nicht scheitern am Bischof oder an den Priestern. Wenn es scheitert, dann an uns."

Dass sich etwas ändern wird, hatte Kölns neuer Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki schon in seinem Fasten-Hirtenbrief aufgezeigt, jetzt wird es an Fakten ablesbar. Erstmals in seiner Geschichte hatte das Erzbistum am Mittwoch eine Frau an die Spitze der Hauptabteilung Seelsorge im Generalvikariat berufen. Für Hüsch ein deutliches zeichen, dass die neue Generation im Hirtenamt auf Veränderung drängt: "In Köln bewegt sich was."

Aber an den Fakten kommt niemand vorbei. In den nächsten zehn Jahren wird die Zahl der Katholiken im Erzbistum von 2,1 auf 1,8 Millionen sinken, die der Priester im aktiven Dienst von 448 auf rund 350. Daher werden diese künftig eine andere Rolle spielen müssen, sagt Hüsch. Jahrelang seien die leitenden Pfarrer geschult worden, um ihre Seelsorgeverbände zu verwalten, jetzt müsse man ihnen das wieder abgewöhnen. Ab 2017 soll ihnen ein hauptamtlicher Geschäftsführer zur Seite stehen.

Entwickeln sich die Zahlen der Katholiken und dort besonders der Kirchgänger wie prognostiziert, wird schon bald in etwa jede dritte Kirche als Gotteshaus nicht mehr benötigt. Das werde auch die Gemeinden im Rhein-Kreis treffen, sagt Hüsch. Michael Tewes, Pfarrer im Seelsorgegebiet Neuss-West, hat sich dieser Frage schon gestellt und Architekturstudenten aufgefordert, neue Ideen für die Reuschenberger Elisabethkirche zu entwickeln. Dass Kirchen ganz aufgegeben werden, sieht er aber - noch - nicht.

Es werde derzeit viel spekuliert, sagt Tewes. Aber auch er geht davon aus, dass die Dekanate neu strukturiert werden. Hüsch rechnet damit, dass der Kardinal seine Pläne dazu und zur Neuausrichtung kirchlicher Gremien Mitte Mai verkündet. Die Dekanate Neuss/Kaarst und Grevenbroich/Dormagen würden aufgelöst, übrig bliebe das Kreisdekanat, sagt Hüsch. Dass die 180 Seelsorgebezirke noch einmal verändert werden, glaubt Tewes nicht. Er geht aber davon aus, dass ein Pastoralteam künftig zwei davon betreut. Das könnte in Neuss den Verbund der Apostelpfarreien (Hoisten, Norf, Rosellen, Weckhoven) treffen, wo die Stelle des leitenden Pfarrers vakant ist. "Es war falsch, uns immer auf die Zahl der Priester zu beziehen", sagt Hüsch nun. Jeder Laie sei aufgerufen, Kirche aktiv mitzugestalten und sie in Richtung der Gesellschaftsschichten zu öffnen, wo sie jeden Einfluss verloren hat. Hüsch: "Wir müssen aufhören, Wagenburg zu sein."

(NGZ)
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