Neusser Natur Entdeckungstour im Botanischen Garten

Neuss · Die Reihe "Neusser Natur" machte Station im Botanischen Garten. Renate Tillmanns führte durch das Gelände und berichtete über die Besonderheiten des grünen Idylls - und seine gartenarchitektonischen Raritäten.

 Renate Tillmanns (l.) führte die Teilnehmer der Tour durch den Schulgarten.

Renate Tillmanns (l.) führte die Teilnehmer der Tour durch den Schulgarten.

Foto: Georg Salzburg

Ein bisschen nervös war Renate Tillmanns schon am Samstagvormittag - schließlich war es ihre erste Führung. "Die Stadt weiß noch nicht so richtig, was sie hier für einen kleinen Schatz hat", sagte die Vorsitzende des Vereins der Freunde und Förderer des Botanischen Gartens. Bei den Bürgern sieht das offenbar anders aus: Die Veranstaltung im Rahmen der Reihe "Neusser Natur" war schnell ausgebucht, es soll einen weiteren Termin geben.

Zwei Namen sind eng mit dem Botanischen Garten an der Bergheimer Straße verbunden: Franz Kellermann, der in Neuss so manche Allee angelegt hat, hinterließ seine Spuren im Botanischen Garten ebenso wie nach dem Zweiten Weltkrieg Heinrich de Cleur. Ihre Ziele waren unter anderem, die Schönheit der Gartenlandschaft erlebbar zu machen. De Cleur wollte zugleich etwas für die Bildung der Menschen tun, war sie doch für ihn der beste Demokratie-Schutz. Schönheit und Vielfalt sind immer noch unübersehbar. Renate Tillmanns sollte immer wieder ins Schwärmen geraten. Das hörte sich dann so an: "Der Tulpenbaum ist eine Rarität sondergleichen." Oder so: "Der Gingko ist der älteste Baum der Erde - er ist weder Nadel- noch Laubbaum." Und er ist zum "Baum des Jahrtausends" gekürt worden.

 Blütenpracht im Botanischen Garten.

Blütenpracht im Botanischen Garten.

Foto: Andreas Woitschützke

Die 71-Jährige beklagte, dass der Botanische Garten kaum noch als Schulgarten genutzt werde. Aber schnell geriet sie wieder ins Schwärmen angesichts der vielen botanischen Kostbarkeiten wie Blauglockenbaum, Fächerahorn oder Sumpfzypresse, die es bereits seit 125 Millionen Jahren gibt. Kaum zu glauben, dass ein Teil des Botanischen Gartens bis zum Zweiten Weltkrieg ein Sportplatz war. "Während des Krieges standen dort Baracken für die Flakhelfer", erklärte Renate Tillmanns. Außerdem wurden dort Bunker angelegt. Nachdem Frieden eingekehrt war, schuf Heinrich de Cleur dort ein Kleinod. Er bezog die Bunker mit in seine Planungen ein. Der oberirdische Teil eines solchen Schutzraumes dient heute als Aussichtsplattform. Die Treppenstufen hatte de Cleur vom Neusser Museum erhalten, wo sie nicht mehr gebraucht wurden. Das Geländer der Plattform ist deformiert, seitdem vor zwei Jahren der Sturm "Ela" auch im Botanischen Garten gewütet hatte. Ein Baum war auf das Geländer gestürzt.

Renate Tillmanns kann dem Sturm jedoch auch Gutes abgewinnen: "Es ist alles etwas heller, lichter geworden." Und sie machte auf einen Quarzit aufmerksam: "Er stammt aus einer Zeit, als beispielsweise die Alpen entstanden sind." Der mächtige Stein ist Ausgangspunkt eines beeindruckenden Wasserspiels - die 71-Jährige sprach von einer "gartenarchitektonischen Rarität".

Erstaunlich, dass der Urweltmammutbaum erst rund 50 Jahre alt ist. "Er ist eigentlich im asiatischen Raum heimisch, wird auch ,Chinesisches Rotholz' genannt und wächst sehr schnell", erfuhren die Teilnehmer der Führung. Was sie noch erfuhren: Der Lieblingsplatz von Renate Tillmanns ist vor dem Palmenhaus. Wer dort, an der Mauer eines Bunkers, die als solche aber nicht zu erkennen ist, auf einer Bank sitzt, hat einen Teich und jede Menge seltener Bäume im Blick. "Die Mauer wird auch Klagemauer genannt, weil die Gartenarbeiter immer wieder gehört haben, wie sich ältere Menschen dort über ihre Krankheiten beklagt haben", sagt die 71-Jährige.

(barni)
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