Jörg Geerlings "Einen Rechtsruck gibt es nicht"

Neuss · Der gerade erst im Amt bestätigte CDU-Vorsitzende Jörg Geerlings (43) äußert sich eine Woche nach seiner Wahl zum Umgang mit Kritikern, seinem Verhältnis zum Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und den Kurs der Neusser Partei.

 Sieht sich nicht als Spalter der CDU: Jörg Geerlings.

Sieht sich nicht als Spalter der CDU: Jörg Geerlings.

Foto: A. Woitschützke

Herr Geerlings, eine Woche nach Ihrem Wahlerfolg dringen Äußerungen an die Öffentlichkeit, die nach Abrechnung mit ihren Kritikern klingen. Wollen Sie die Partei spalten?

Jörg Geerlings In keinster Weise. Die Wahlen sind demokratisch und fair abgelaufen, und ich akzeptiere das Ergebnis. Die Mannschaft steht. Wer sich an der Arbeit beteiligen will, ist weiter herzlich eingeladen.

In der Wahlkampfphase vor dem Parteitag wurde deutlich, dass der Bundesminister Hermann Gröhe nicht zu Ihren Unterstützern zu zählen ist. Machen Sie ihm dafür jetzt die Bundestagskandidatur streitig?

Geerlings Überhaupt nicht. Ich habe betont, dass ich Wahlkampf im nächsten Jahr mit ihm machen möchte und er hoffentlich im Gegenzug auch mit mir.

Wahlkampf wofür?

Geerlings Ich werde ihn als Kandidat für den Bundestag vorschlagen und hoffe, dass er mich bei der Landtagskandidatur unterstützt.

Der Landtagskandidat wird voraussichtlich vor der Sommerpause gekürt. Wie werden Sie die Kandidatenfindung moderieren?

Geerlings Ich habe meine Ziele klar formuliert, zudem ist schon eine zweite Kandidatur angekündigt worden. Einladender für den Wahlparteitag ist die Kreispartei. Daher wird der Kreisvorsitzende Lutz Lienenkämper moderieren.

Angeblich gibt es deutlich mehr Interessenten, die ihre Chance suchen, weil sie den Leitwolf Geerlings für angeschlagen halten. Wie stark ist Ihre Position wirklich?

Geerlings Ich habe durch meine Wiederwahl eine starke Legitimation und ein starkes Team an die Seite gestellt bekommen. Das gibt Rückenwind. Ich fühle mich eher gestärkt. Ich bin voll motiviert.

In dem neuen Vorstand sind fast ausnahmslos Köpfe, die Sie sich an Ihrer Seite gewünscht haben. Bildet dieser Vorstand die Breite der Partei ab?

Geerlings Ich glaube schon. Der Vorstand berücksichtigt alle Generationen und bindet viele neue Kräfte ein.

Erkennbar ist aber keiner dabei, der unter dem Vorsitz Ihres Mitbewerbers Michael Werhahn Verantwortung tragen wollte. Warum blieb dieses Lager unberücksichtigt?

Geerlings Jeder war eingeladen, zu kandidieren. Ich habe ganz klar gesagt: Die Mitgliederversammlung bestimmt das Team, mit dem der Vorsitzende arbeitet. Wenn einige nach meiner Wahl ihre Kandidatur zurückziehen, ist das ihre Entscheidung. Ich spreche mit allen.

Natalie Panitz wurde nicht gewählt, daraufhin hat Ihr Vertrauter Tobias Goldkamp seine Wahl zum Schatzmeister nicht angenommen. Sieht so die Einladung zur Mitarbeit aus?

Geerlings Beide waren im Team angetreten. Dass Tobias Goldkamp nicht mehr mitmacht, finde ich bedauerlich. Natalie Panitz hat ihre knappe Niederlage sportlich genommen. Die Wahl war fair - und ich akzeptiere das Ergebnis.

Sie haben dem Thema innere Sicherheit höchste Priorität gegeben. Einigen gilt das als Rechtsruck. Wohin entwickelt sich die Neusser CDU?

Geerlings Das Thema innere Sicherheit ist nicht neu, vielleicht wird es angesichts der jüngsten Ereignisse anders wahrgenommen. Einen Rechtsruck gibt es nicht.

Gibt es die Gefahr, dass sich aus der CDU heraus eine unabhängige Wählergruppe bildet?

Geerlings Diese Gefahr sehe ich nicht. Die CDU ist gerade in Neuss eine Bürgerpartei und Bürgerbewegung. Wir wollen jeden einbinden.

Trotzdem wird auf einmal von "links" und "rechts" gesprochen. Haben Sie Ihren Gegenkandidaten Michael Werhahn rechts überholt?

Geerlings Das halte ich für ein Gerücht. Wer das Thema innere Sicherheit betont, steht nicht automatisch politisch rechts. Von solchen Rechts-Links-Rastern halte ich wenig. Wer sich um soziale Themen kümmert, ist ja nicht deshalb "links". Wir müssen Probleme lösen und sollten nicht über Schubladen nachdenken.

Zum Thema innere Sicherheit gehört auch die Flüchtlingsfrage. "Wir schaffen das", hat die Bundeskanzlerin und Bundesvorsitzende Angela Merkel gesagt. Hat sie recht?

Geerlings Ich hoffe das. Der moralische Anspruch dahinter ist hoch - und richtig. Wir wollen denen helfen, die in Not sind und niemanden ausgrenzen. Aber wer zu uns kommt, muss sich an Spielregeln halten und unsere Werte achten.

Unterstützt der Neusser CDU-Vorsitzende den örtlichen Bundestagsabgeordneten Gröhe, wenn der die Politik der Bundesregierung verteidigt?

Geerlings Das ist sein Job, ich akzeptiere das. Ich erkenne an, dass mit dem Asylpaket II ein richtiger Ansatz gefunden wurde, habe aber klare Auffassungen zu den Themen der inneren Sicherheit. Die diskutiere ich gerne mit Hermann Gröhe.

LUDGER BATEN UND CHRISTOPH KLEINAU FÜHRTEN DAS GESPRÄCH

(NGZ)
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