Neuss Ein Kater und ein Rabe retten die Welt

Neuss · Zum Gruseln und Lachen: "Der satanarchäolügenial-kohöllische Wunschpunsch".

 Der Kater von Christoph Bahr (l.) , der vom Trottel zum Retter avanciert, und Josia Krug als blitzgescheiter Rabe sind die Lieblinge der Zuschauer.

Der Kater von Christoph Bahr (l.) , der vom Trottel zum Retter avanciert, und Josia Krug als blitzgescheiter Rabe sind die Lieblinge der Zuschauer.

Foto: B. Hickmann

Mal eben kurz die Welt retten - diese Mission müssen im neuen Familienstück, das am Rheinischen Landestheater Premiere hatte, der Rabe Jakob Krakel und der Kater Maurizio di Mauro erfüllen. Dabei stellt man sich Helden wirklich anders vor. Jakob ist heftig in der Mauser, leidet unter Reißamartismus in den Flügeln und hat schon deutlich bessere Zeiten gesehen. Kater Maurizio ist leider nicht der Hellste und als Geheimagent total untauglich. Und ausgerechnet diese beiden hat der hohe Rat der Tiere entsandt, um den beiden Bösewichten, Professor Dr. Beelzebub Irrwitzer und seiner Tante Geldhexe Tyrannja Vamperl, das Handwerk zu legen. Denn sie brauen am Silvesterabend den "satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsch" - wie der Titel des Stücks von Kinderkultautor Michael Ende es sagt. Der Trank soll ihnen helfen, im alten Jahr noch ihr Soll an schlechten Taten zu erfüllen, indem er jeden guten Wunsch in sein Gegenteil verkehrt.

Dass die Inszenierung des "Wunschpunschs" nichts für ganz schreckhafte Gemüter ist, lässt schon der Warnhinweis im Foyer vermuten: Es wird mit stroboskopischen Effekten gearbeitet. Das heißt, es blitzt und wummert wie in der Techno-Disco, Schwarzlicht lässt chemische Formeln an den Wänden gespensterhaft leuchten, Bodennebel hüllt das Geschehen auf der Bühne in unheimliche Schwaden. Wenn Zauberer und Hexe tanzend und grölend im eindrucksvollen Laboratorium zugange sind, wird es laut. In den wichtigen Momenten lässt Regisseurin Konstanze Kappenstein die wild brodelnde Chemie-Kulisse im Dunkeln verschwinden. Kein Laut ist zu hören, wenn der Spot nur auf Jakob und Maurizio gerichtet ist, wie sie erschöpft und ratlos am Bühnenrand sitzen, und erkennen, dass ihre Freundschaft der Schlüssel ist, um das drohende Unheil abzuwenden. Jakob hat nicht die Kraft, seine guten Ideen in die Tat umzusetzen, erst der naive Kater beweist Mut im entscheidenden Moment - und reiht damit das Stück perfekt in das RLT-Saison-Motto "Tapferkeit" ein.

Die pädagogische Botschaft kommt nicht nur dank des actionreichen Bühnenbildes mit vielen originellen Details wie der Horrorvision einer Kuckucksuhr, die gnadenlos auf das Jahresende zutickt, ohne jeden moralinsauren Anstrich an. Auch das Ensemble ist bestens aufgelegt. Andreas Spaniol verkörpert den bösen, zunehmend gestressten Professor als eine Mischung aus fehlgeleitetem Albert Einstein und Frankenstein, Linda Riebau gibt überzeugend die richtig fiese Hexe, barock aufgetakelt, mit turmhohem Dutt und Grunzlauten. Die Lieblinge der kleinen Gäste im Publikum aber sind Josia Krug als angeschlagener, ungeduldiger, laut krächzender, aber blitzgescheiter Rabe und Kater Christoph Bahr, der vom Trottel zum Retter avanciert. Richtig schön zum Fürchten spielt Michael Meichßner in Teufelsrot insektenartig den höllischen Gerichtsvollzieher Maledictus Made, der Zauberer und Hexe mit der Pfändung droht, sollten sie nicht genug Unheil in der Welt anrichten.

Es wird aber nicht nur gegruselt und gefiebert, sondern auch viel gelacht - und dabei kommen die jüngsten Besucher mit klassischen Kasperletheatergags genauso auf ihre Kosten wie ältere Kinder, die schon Ironie erkennen können. Und wie es sich für ein Familienstück gehört, gibt es auch für die Erwachsenen genug humorvolle Szenen für beste Unterhaltung. Der Lohn: lang anhaltender und begeisterter Applaus.

(NGZ)
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