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Neuss Ein Familienroman über den Großvater

Neuss · Stefan Hertmans lieste morgen beim Literarischen Sommer aus "Der Himmel meines Großvaters".

Noch ein Buch über persönliche Erlebnisse im Ersten Weltkrieg? Nein, Stefan Hertmans Roman "Der Himmel meines Großvaters" geht weit darüber hinaus, auch wenn die Erzählungen aus den Schützengräben viel Raum einnehmen. Der belgische Schriftsteller faltet das Lebenspanorama eines Menschen auf, zu dem er zwar eine emotionale Nähe hat, aber er lässt nicht zu, dass diese seinen Blick trübt. Beim Literarischen Sommer wird Hertmans seinen Roman morgen in der Stadtbibliothek vorstellen

In seiner belgischen Heimat ist sein Roman einer der ersten gewesen, der im 100. Jahr des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs erschienen ist, die deutsche Übersetzung kam erst im Oktober 2014 auf den Markt - als eine gewisse Übersättigung des Thema nicht von der Hand zu weisen war. Und dennoch: Dieser Roman lohnt das Lesen zu jeder Zeit. Denn es geht keineswegs nur um die Erlebnisse im Ersten Weltkrieg, sondern um die eines Daseins von rund 90 Jahren.

Hertmans' Großvater Urbain Martien gehört zu einer Generation, die gleich zwei Kriege erleben musste, und er wuchs auf zu einer Zeit auf, als der Katholizismus die Gesellschaft (nicht nur die belgische) fest im Griff hatte: Wer arm war, blieb es auch und beklagte sein Schicksal nicht.

Dabei ist der Roman keine Fiktion, sondern basiert auf den Aufzeichnungen des Großvaters, die dieser erst mit 72 Jahren begonnen hat. 600 Seiten hat er beschrieben, erzählt, wie seine Kindheit war: "Ich vermute", so beschreibt es Hertmans in einer der Ich-Phasen des Romans, "er wollte, dass auch andere Menschen erfuhren, was sein Leben so verunstaltet hatte, denn die Familienmitglieder waren seiner Geschichten gehörig überdrüssig."

Der Enkel hat dafür nun die passende literarische Form gefunden, denn Hertmans' Roman geht über die persönliche Lebensschilderung über seinen Großvater hinaus, indem er auch sich selbst immer wieder ins Spiel bringt. Mit seinem veränderten Blick auf die Stadt Gent, mit dem Verhältnis zu seinem eigenen Sohn und erst recht mit dem von sich als Kind zu seinem Großvater, den er bewundert, aber auch ein bisschen gefürchtet hat. "Erst jetzt, da ich seine Memoiren lese", schreibt er, "beginn ich seine Kindheit zu verstehen." Fast klingt das das Destillat der beiden wichtigsten Pole im Leben des Großvaters am Ende des Buches banal: "das Soldatendasein aus Not und das Künstlerdasein aus Neigung: Krieg und Terpentin". Dabei ist der Weg dorthin packend, denn Hertmans gelingt die Balance zwischen persönlicher Betroffenheit und allgemeingültigem Anspruch perfekt.

Info Neumarkt, morgen, 19.30 Uhr, Eintritt zehn Euro

(hbm)
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