Neuss Ein Abend voller Optionen

Neuss · Am vergangenen Samstag feierte das Theaterstück "Drei Mal Leben" von Yasmina Reza am RLT Premiere.

 Sonja (Katharina Dalichau) und ihr Mann Henri (Stefan Schleue) erwarten eigentlich keinen Besuch. Aber dann klingelt es an der Haustür.

Sonja (Katharina Dalichau) und ihr Mann Henri (Stefan Schleue) erwarten eigentlich keinen Besuch. Aber dann klingelt es an der Haustür.

Foto: Anke Sundermeier

Es hätte doch alles ganz anders laufen können. Besser oder schlechter, das ist erst einmal zweitrangig. Ja, so denken wir manchmal und wissen nicht immer unbedingt, was genau wir damit meinen. Dass der Verlauf unseres Lebens nur einer von vielen möglichen Varianten folgt, das zeigte am vergangenen Samstag die humorvoll inszenierte Premiere des Theaterstücks "Drei Mal Leben" am Rheinischen Landestheater. Dabei handelt es sich um die Übertragung der überaus erfolgreichen Komödie "Trois versions de la vie" der französischen Schriftstellerin Yasmina Reza für die deutsche Bühne.

Im Foyer des Rheinischen Landestheaters herrscht frohe Erwartung, man freut sich auf die Premiere. Nachdem eingelassen wird, sind fast alle Plätze im Theatersaal besetzt. Einige Minuten später ist man gleich drin im lachmuskelfördernden Stück von Yasmina Reza, das Alexander Marusch wirklich großartig inszeniert hat.

Dreimal wird nun also dieselbe, jedoch immer unterschiedlich ausgehende, Szenerie durchkomponiert. Das macht sogleich Spaß, weil bereits in der ersten so viel Humor steckt, dass man oft versucht ist, sich auf die Schenkel zu klopfen. Die Figuren, die Rahmenhandlung, die Kulisse bleiben gleich, während sich der Verlauf und auch das Verhalten der Akteure in jedem Durchgang verändert. Das Bühnenbild überzeugt durch seine absichtliche Einfachheit.

Worum geht es also? Für den stets bemühten Henri (Stefan Schleue) und die selbstbewusste Sonja (Katharina Dalichau) wäre es wohl auch ohne den unerwarteten Besuch von Hubert (Gregor Henze) und Ines Finidori (Alina Wolff) ein nicht ganz stressfreier Abend geworden. Während zu Beginn des Stücks eine hektisch dahin sausende Melodie läuft (als Sinnbild für den allabendlichen Alltag einer ambitionierten Kleinfamilie), erledigt Sonja in Negligé und mit Headset im Ohr noch einige berufliche Telefonate. Henri, mit Jeansjacke, Brille und Bart, hechtet zwischen Kinderzimmer und Wohnzimmer hin und her und versucht seiner Rolle als Vater und Ehemann gerecht zu werden.

Als der kleine Arnaud gerade eingeschlafen ist, schellt es an der Tür. Life is what happens to you while you are making other plans, denkt man sich. Panik ergreift die beiden, das abendliche Treffen der Finidoris war doch eigentlich für morgen geplant? Aber Hubert und Ines stehen tatsächlich vor der Tür. Während Henri selbst um Contenance ringt, brüllt er: "Du bist hysterisch, Sonja!" Ein Lacher jagt den nächsten. Man besinnt sich und tut so, als hätte man schon auf die beiden "Freunde" gewartet.

Wie die Götter des Olymps sitzt man im Zuschauerrang und beschmunzelt die jeweilige Zuspitzung des Abends. Den größten Anteil an der sich in der ersten möglichen Spielart entwickelnden Eskalation hat die Nachricht Huberts, dass der wissenschaftliche Aufsatz, an dem Henri die letzten drei Jahre gearbeitet hat, möglicherweise obsolet geworden ist.

Kann der Versuch gelingen, die vier Figuren noch zweimal in eigentlich denselben Abend zu schicken? Durchaus, denn diese drei Variationen realisieren sich alle unterschiedlich: Zuerst mit viel Witz, dann mit einer gewissen mitleiderzeugenden Ernsthaftigkeit und zuletzt mit solch einem künstlichen Arrangement der Figuren - darin sollte sich jeder wiederfinden können.

(NGZ)
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