Neuss Ehrenamtliche Ordner – Aufpassen ist ihr Hobby

Neuss · Es ist ein außergewöhnliches Hobby, das die Mitglieder des Neusser Ordnervereins umtreibt: Ehrenamtlich sorgen sie für mehr Sicherheit.

 Kai Schöllgen ist der Vorsitzende des Neusser Ordnervereins. Die Mitglieder engagieren sich unter anderem bei Eishockeyspielen.

Kai Schöllgen ist der Vorsitzende des Neusser Ordnervereins. Die Mitglieder engagieren sich unter anderem bei Eishockeyspielen.

Foto: woi

Heute ist alles friedlich. "Hallo, darf ich mal bitte in Ihre Handtasche schauen", fragt Kai Schöllgen. Ein Deospray muss aus Sicherheitsgründen draußen bleiben — das war's. Ansonsten reißt Schöllgen, der gerade vor der Neusser Eishalle im Einsatz ist, die Karten ab und wünscht "viel Spaß beim Eishockey-Spiel". Nicht immer läuft alles so reibungslos: "Bei Spielen gegen Solingen haben sich Fans hier schon geprügelt", erinnert er sich.

Schöllgen ist Vorsitzender des Neusser Ordnervereins. Der sorgt unter anderem für die Sicherheit bei Heimspielen des Neusser Eishockey Vereins (NEV). Rund 15 ehrenamtliche Helfer machen Einlass- und Taschenkontrollen, stellen in der Drittelpause die Tore zur Seite und sammeln Pucks ein. Im vergangenen Jahr half sogar Schützenkönig Rainer Halm mit, als er 2000 Freikarten für das NEV-Spiel gegen die Grizzlys Bergkamen verschenkt hatte.

Die Zuschauer vor gewaltbereiten Fans zu schützen gehört zwar auch zu den Aufgaben der Ordner, solche Fälle kommen aber kaum vor. Dennoch hat Kai Schöllgen als Vorsitzender die "Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe" absolviert, das ist Pflicht. Dabei hat er den Umgang mit Menschen, rechtliche Hintergründe und Grundkenntnisse zum Umgang mit Waffen gelernt. "Das erste Gebot ist immer Deeskalation", sagt er. Das zweite: "Immer eine Armlänge Abstand zum eigenen Schutz." Verletzt hat er sich noch nicht beim Aufpassen. Immerhin ist er auch gut ausgerüstet.

So sind Schöllgens Handschuhen mit Quarzsand verstärkt und aus schnittfestem Material. Das alles ist übrigens selbst gekauft. "Wir arbeiten ehrenamtlich, also müssen wir auch für unsere Ausrüstung selbst zahlen", erklärt der 42-Jährige, der einst als Privatdetektiv tätig war. Nach seiner Lehre zum Kfz-Mechaniker arbeitete er zunächst für den ADAC, fuhr dann Taxi. "Eine Kunde hat mich dann auf die Idee gebracht, Detektiv zu werden", erinnert sich Schöllgen. Nach seiner Ausbildung in Tönisforst zog es ihn 2006 "der Liebe wegen" nach Neuss. Ehefrau Susanne (41) brachte ihn auch zum Ordnerverein, wo er das Ruder übernahm, weil der alte Ordnungsdienst in die Jahre gekommen war.

Seine in Neuss gegründete Detektei musste er nach einem Jahr schließen, nachdem sein Plan, einen Sicherheitsdienst an Schulen zu übernehmen, scheiterte und es darüber hinaus zu wenige Aufträge gab. "Lediglich ein paar Männer, die vermuteten ihre Frau gehe fremd", erinnert sich Schöllgen. Also arbeitete er wieder als Kfz-Mechaniker und widmete sich dem Ordnerverein.

Mittlerweile hat sich das Engagement ausgedehnt. "Neben dem Eishockey passen wir auch bei Karnevals- und Schützenfesten auf", sagt Schöllgens Stellvertreter Marcus Neidenberger (37). Man könne sich sogar noch mehr vorstellen. Etwa Aufpassen am Weihnachtsmarkt oder Schutz vor Gewaltdelikten in der Innenstadt. "Bisher wollte die Stadt das nicht in Anspruch nehmen", sagt Schöllgen. Das Angebot bestehe aber weiterhin. Lediglich eine Aufwandsentschädigung oder eine kleine Spende in die Vereinskasse reiche aus, sagt Schöllgen.

(NGZ/rl)
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