Neuss Drei Freunde auf lässiger Ochsentour

Neuss · Die Mitglieder der Neusser Band "The Tips" wollen nur von ihrer Musik, einem Reggae-Rock-Sound, leben. Dafür treten sie überall dort auf, wo sie gebucht werden. Mehr als 70 Mal im Jahr. Viele Freunde unterstützen sie dabei.

 In den Böhler-Werken haben die "Tips" einen Proberaum gefunden. Die drei Neusser würden ihre Leben am liebsten nur mit Musik verbringen.

In den Böhler-Werken haben die "Tips" einen Proberaum gefunden. Die drei Neusser würden ihre Leben am liebsten nur mit Musik verbringen.

Foto: Woi

Wo früher laut gehämmert wurde, die Ofen glühten und der Stahl kochte, erklingt nun lässiger Reggae-Sound. Die Düsseldorfer Böhler-Werke mit ihren großen Backsteinhallen an der Grenze zu Meerbusch waren mal ein großer Standort der Stahlproduktion. Heute werden die nicht mehr genutzten Gebäude an Künstler vermietet. Und auch die dreiköpfige Band "The Tips" aus Neuss hat hier einen Platz gefunden. "Wir können den Proberaum eines Freundes mitbenutzen", erzählt Sänger und Gitarrist Aljoscha Thaleikis, den alle nur Ali nennen.

Die Unterstützung von Freunden können die drei Neusser gut gebrauchen. Denn sie wollen einen schwierigen Schritt gehen, an dem die meisten Bands scheitern: Sie wollen von ihrer Musik, einem lässigen Reggae-Rock-Sound, leben können. "Wir finden das so geil. Wir wollen nichts anders machen", erzählt Bassist Philipp Pfaff (Faf).

Bisher machen sie allerdings noch anderes: Janosch Holland, der in der Band Schlagzeug spielt, und Ali arbeiten. Der 25-jährige Ali als Musiklehrer, der gleichaltrige Janosch im Haus der Jugend, nachdem er soziale Arbeit studiert hat. Noch an der Universität ist der 27-jährige Faf. Er studiert Englisch und Sozialwissenschaften auf Lehramt. "Aber eigentlich dreht sich unserer ganzes Leben nur um Musik", sagt Faf.

Kein Wunder, denn sie treten im Jahr über 70 Mal auf. "Wir waren schon in Tschechien, Frankreich, Schweiz Holland und an vielen Orten in Deutschland", erzählt Janosch. Dabei spielen sie manchmal vor 20 Zuschauern, manchmal vor mehreren Tausend. Bei den Festivals "Open Flair" und "Weedbeat" sind sie aufgetreten. Und auch auf der Hanfparade 2013 in Berlin waren sie dabei - aus Überzeugung. Viele ihrer Texte drehen sich um Marihuana, auch der Bandname kommt nicht von ungefähr.

Wenn sie unterwegs sind, wird groß improvisiert. "Wir schlafen dort, wo gerade Platz ist", erzählt Faf. Bei Freunden auf dem Sofa oder auch mal auf dem Boden. "Da fällt schon mal die Dusche aus", erzählt der Bassist grinsend. Immerhin sind sie nun mit einem größeren Auto, einem Mini-Van, unterwegs. Angefangen hatten sie mit einem Kleinwagen, den sie sich irgendwo geliehen hatten. "Es war ein großes Kunststück, dort alles unterzubringen", erzählt Ali grinsend.

Gefahren werden sie meistens von einem Freund, der sich auch um das Mischpult kümmert. Überhaupt Freunde. "Ohne sie würde das alles nicht klappen", sagt Faf. Sie würden in anderen Städten Plakaten kleben - "unser Streetteam", nennt sie Faf - und bei den Musikvideos der Band mithelfen. "Sie finden gut, was wir machen."

Fünf Musikvideos, die online zu sehen sind, hat die Band bisher produziert und zwei Alben: "High Sobriety" 2011 und 2013 "Trippin'", das sie zusammen mit dem Musikproduzenten Guido Lucas aufgenommen haben. Gerade arbeiten sie an ihrem dritten Album. "Geplant ist, dass wir es nächstes Jahr rausbringen", sagt Janosch.

Für das Album müssen sie selbst ein paar Tausend Euro aufbringen. Unterstützt werden sie dabei von ihrer Plattenfirma "Long Beach Records Europe" aus Berlin. Deren Chef, Gernot Krebs, ist 2013 auf die Neusser Musiker aufmerksam und hat sie unter Vertrag genommen. Die Plattenfirma kümmert sich um die Vermarktung und Öffentlichkeitsarbeit.

Die Ochsentour mit den vielen Auftritten wird erst mal so weitergehen. Nur mit diesen verdienen Musiker noch Geld - seit das Internet Musik frei verfügbar gemacht hat. Auf den Konzerten verkaufen sie auch ihre Alben. "Das ist ein wichtiger finanzieller Pfeiler", erklärt ihr Manager. Ansonsten bringe ein Album nicht mehr viel ein.

"Die vielen Auftritte sind schon anstrengend, aber auch aufregend. Ständig sehen wir andere Orte und lernen neue Leute kennen", sagt Faf. Geht es nach den Neusser Musikern, sieht ihr Leben nur noch so aus.

(NGZ)
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