Neuss Die Nabel-Experten

Neuss · Das kreisweit erste Kompetenz-Zentrum für Hernienchirurgie - Hernien sind Weichteilbrüche - gibt es jetzt im "Etienne".

Sie haben es geschafft: Professor Thomas Foitzik, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie am Johanna-Etienne-Krankenhaus (JEK) und sein Team im Hernienzentrum, sind zum ersten Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie im Rhein-Kreis Neuss hochgestuft worden. Um diesen Titel zu erhalten, haben die Chirurgen in den vergangenen drei Jahren hart daran gearbeitet, alle Qualitätsstandards der Deutschen Herniengesellschaft zu erfüllen. Hernien sind Eingeweidebrüche - auch Weichteilbrüche genannt -, die die häufigsten Ursachen für chirurgische Operationen sind. Am bekanntesten sind Leistenbrüche, die in rund 75 Prozent der Fälle auftreten. "Außerdem zählen Nabel- und Narbenbrüche im Bereich von Operationsnarben dazu", erklärt Foitzik.

Eine Hernie entsteht durch eine Schwachstelle der Bauchwand. Betroffene klagen häufig über Schmerzen in der unteren Bauchregion. Meist ist zudem eine Vorwölbung am Bauch sichtbar. Am JEK werden bis zu 400 derartige Operationen pro Jahr durchgeführt. "Eine Hernie, die Beschwerden bereitet, sollte dringend operiert werden", so Foitzik. Eine Alternative zur Operation gebe es nicht. "Denn eine Hernie geht nie mehr weg."

Bereits 2013 erhielt das JEK als erste Klinik im Rhein-Kreis das Gütesiegel "Qualitätsgesicherte Hernienchirurgie". Erst wenn eine Klinik dieses Qualitätssiegel seit mindestens zwölf Monaten trägt, darf sie sich für das weitere - wesentlich komplexere - Zertifizierungsverfahren zum Kompetenzzentrum melden. Diesen Ehrgeiz hatte das JEK trotz des hohen bürokratischen Aufwands und der Kosten, die mit diesem Verfahren verbunden seien, so Foitzik. "Denn wir wollten uns extern kontrollieren lassen, ob unsere Qualität den hohen Standards entspricht." Mit der entsprechenden Urkunde haben die Mediziner dies jetzt Schwarz auf Weiß.

Dazu mussten Foitzik und Oberarzt Dr. Nektarios Kostidis, seit zwei Jahren am JEK tätig und seit Februar zudem neuer Koordinator des Hernien-Kompetenzzentrums, jede einzelne Operation mit anonymisierten Details an die Deutsche Herniengesellschaft melden. "Nach einem Jahr mussten wir allen Patienten einen standardisieren Fragebogen zuschicken und sie bei etwaigen Problemen einbestellen", erklärt der Chefarzt. So werde nachgehalten, dass die Komplikationsrate unter drei Prozent liege, erläutert Kostidis. Dies sei eine weitere Vorgabe im Rahmen der Zertifizierung. "Zudem müssen wir einmal pro Woche Hernien-Sprechstunden anbieten, ein Team haben, das rund um die Uhr verfügbar ist, und sowohl ambulante als auch minimal-invasive Operationen durchführen", zählt Foitzik weiter auf. Außerdem muss genau dokumentiert werden, welche Herniennetze, die zur Stabilisierung dienen, verwendet werden. "So können Langzeitverläufe und auch die Qualität der Netze nachgehalten werden", erklärt Foitzik.

Auch die Qualität der Operateure wird begutachtet: Beim sogenannten Vor-Operieren musste der 55-Jährige sein Können vor einem Auditor belegen. Nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit für einen Chefarzt, der eine breite allgemeinchirurgische Ausbildung mit Schwerpunkt Bauchchirurgie (Visceralchirurgie) absolviert hat.

Für Foitzik hat sich der Aufwand dennoch gelohnt: "Damit stellen wir sicher, dass unsere Patienten eine technisch einwandfreie Operation erhalten." Bärbel Broer

(NGZ)
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