Neuss "Die Hauptstadt" sorgt für Diskussionen

Neuss · Der mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnete Roman wurde im "Literarischen Quintett" sehr gegensätzlich besprochen. Die Diskussion zu "Außer sich" liefert wenig Inhalt, aber viel Meinung.

 Diskutierten mit RP-Kulturchef Lothar Schröder (nicht im Bild), aktuelle Neuerscheinungen (v.l.): Markus Andreae, Ursel Hebben,Alwin Mueller-Jerina ,Reinar Ortmann.

Diskutierten mit RP-Kulturchef Lothar Schröder (nicht im Bild), aktuelle Neuerscheinungen (v.l.): Markus Andreae, Ursel Hebben,Alwin Mueller-Jerina ,Reinar Ortmann.

Foto: G. Salzburg

Gleich beim ersten Buch gab es gegensätzliche Meinungen im "Literarischen Quintett". In der Reihe "Aufgelesen - Ausgelesen", in der am Mittwochabend im Romaneum zwei neuerschienene Bücher diskutiert wurden, ärgerte sich Markus Andrae vom Theater am Schlachthof über den Gewinnertitel des Deutschen Buchpreises. "Dieses Buch ist todtraurig und sterbenslangweilig", schimpfte er über Robert Menasses Roman "Die Hauptstadt". Mit Brüssel, denn das sei ja die gemeinte Hauptstadt, habe Menasses Buch kaum etwas zu tun. Auch Ursel Heben von der Volkshochschule hat sich mit dem Roman schwergetan.

Für den Widerspruch gab es in der Runde einen besonderen Experten. Lothar Schröder, Kulturchef der "Rheinischen Post", war in diesem Jahr Mitglied der siebenköpfigen Jury für den Deutschen Buchpreis. Er lobte vor allem das Eingangskapitel, in dem ein Schwein durch Brüssel läuft und indirekt alle handelnden Personen vorstellt: "Das nennt man doch 'eine Sau durchs Dorf jagen'". Gleichfalls angetan waren der Dramaturg Rainer Ortmann vom Rheinischen Landestheater und Bibliotheksdirektor Alwin Müller-Jerina. Im weiteren Verlauf der Debatte konnten so die Zuhörer einen guten Einblick davon gewinnen, was das Besondere an Robert Menasses Roman ausmacht, der übrigens am gleichen Abend in der Berliner Volksbühne mit einer nächtlichen Komplettlesung präsentiert wurde.

Von Lothar Schröder hörten die Veranstalter auch Hintergrund-Details zum Deutschen Buchpreis. Die Jury wird von einer Akademie jedes Jahr neu gewählt. Sie stellt zunächst eine "Longlist" mit dreißig Titeln vor, die dann zu einer "Shortlist" mit sechs Büchern zusammengestrichen wird. Erst am Abend der Preisverleihung wird der Gewinner bekanntgegeben. Schröder berichtete, dass ein angeblicher Insider just an jenem Abend Menasse zugeflüstert habe, er ginge leer aus. Außerdem berichtete er über einen Streit darüber, dass auf der Shortlist gleich drei Autoren des Suhrkamp-Verlags vertreten waren. Hierzu Schröders Jury-Kollegin Katja Gasser in Frankfurt ironisch: "Die haben einfach am meisten gezahlt."

Weniger ergiebig für die Zuhörer war die Vorstellung des Debütromans "Außer sich" von Sasha Marianna Salzmann. Zwar entspann sich auch dazu eine anregende Diskussion, vor allem zwischen dem begeisterten Lothar Schröder und dem geradezu angewiderten Alwin Müller-Jerina. Doch es wurde nicht klar, worum es eigentlich genau ging bei diesem Buch. Mehr Information, weniger Meinung wäre hilfreich gewesen.

(NGZ)
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