Neuss Die Frage nach dem "C" in CDU

Neuss · Auf Einladung von Jörg Geerlings sprach der Thomas Sternberg, Präsident des Zentralrates der deutschen Katholiken in der Pegelbar zum Thema "Kirche, Gesellschaft, Politik - christliche Positionierungen unter neuen Bedingungen".

Wird dem "C", dem Christlichen in der CDU, noch genügend Bedeutung beigemessen? Hat die christliche Sichtweise immer noch Gewicht? In der Pegelbar wurde diesen und weiteren Fragen jetzt nachgegangen. Eingeladen hatte der Vorsitzende des CDU-Stadtverbands Neuss, Jörg Geerlings. Der Referent Professor Thomas Sternberg ist Landtagsabgeordneter und seit Kurzem auch Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

"Kirche, Gesellschaft, Politik - christliche Positionierungen unter neuen Bedingungen", lautete das Thema. Der Referent berichtete vom Katholikentag in Leipzig: "Der Anteil der katholischen Einwohner konnte von 3,8 auf jetzt 4,3 Prozent erhöht werden", erklärte der 64-Jährige. Und er stellte klar, dass der Katholikentag längst kein reines "Glaubenstreffen" mehr sei, sondern darüber hinaus auch eine politische Funktion habe. Sternberg hat Erwartungen an die Christen vor dem Hintergrund der Entwicklung der AfD und der Flüchtlingsströme: "Eine pauschale Verurteilung des Islam geht nicht. Es kann nicht sein, dass ganze Gruppen abgeurteilt werden." Auch nicht mit der Anmerkung "man muss ja mal sagen dürfen". Was immer wieder deutlich wurde: Professor Sternberg ist der Konsens in der Gesellschaft wichtig, er lehnt alles ab, was Sprengkraft in sich birgt, die Gesellschaft spalten könnte. Ganz in diesem Sinne ist er für eine enge Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirche. Seine Hoffnung: Dass die AfD "sich selbst zerlegt", wie es derzeit scheinbar passiert. Und er räumte ein, dass die Silvesternacht in Köln "eine riesige Katastrophe" war: Es habe der Eindruck entstehen können, alle Flüchtlinge seien Lüstlinge.

Sternberg verteidigte Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Sie ist in der Flüchtlingskrise nicht auf den Satz "wir schaffen das" zu reduzieren." Sie habe von Anfang an gewusst, dass eine enorme Integrationsleistung auf Deutschland zukomme. Ängste aus der Bevölkerung dürften nicht einfach abgetan werden. Was er im Umgang mit dem Islam kritisierte: Die undifferenzierte Vermischung von Kultur und Religion: "Man darf nicht so tun, als sei der Islam grundsätzlich mit Gewalt gleichzusetzen." Die getrennte Unterbringung von muslimischen und christlichen Flüchtlingen sei nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt - sie müssten miteinander klarkommen.

Der Referent kritisierte nicht nur die AfD, sondern auch das christliche Hilfswerk "Open doors", das "mit dem Feuer spielt". "Open doors" thematisiere die Christenverfolgung vor allem in Ländern, in denen die Christen die Minderheit darstellten. Sternberg erklärte, das, was der IS mache, sei nicht durch den Koran gedeckt: "Auch im Islam wird Massenmord nicht mit dem Paradies belohnt." Der 64-Jährige lobte das ehrenamtliche Engagement für Flüchtlinge und berichtete als Zeuge von der Verleihung des Karlspreises an den Papst: "Papst Franziskus hat uns Europäer dazu aufgerufen, uns auf unsere Fähigkeiten - Dialogbereitschaft, die Fähigkeit zur Integration und ein hohes Maß an Kreativität - zu besinnen." Was er unter anderem den Polen gern ins Stammbuch schreiben würde: "Nicht auf den Nationalismus hereinfallen." Sein Appell: "Wir müssen uns dringend um Afrika kümmern, den Menschen dort eine Perspektive bieten." Das Eine-Welt-Denken müsse weiter in den Vordergrund rücken, "auch wenn die Jeans dadurch zwei Euro teurer wird". Immer weniger Menschen gehören einer der beiden großen christlichen Kirchen an. Daraus zieht Sternberg die Schlussfolgerung: "Wenn man als Christ was durchsetzen will, sollte man das ökumenisch machen."

(NGZ)
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