Neuss Die Denkfabrik vom Lande

Neuss · Der Konzern Johnson & Johnson und dessen Pharma-Sparte Janssen Cilag arbeiten in der Zentrale in Neuss an neuen Ideen für die Gesundheitsversorgung von Verbrauchern und Patienten.

 Rosellerheide ist schön - und produktiv: Dort hat Johnson & Johnson seinen Deutschlandsitz (li.) direkt gegenüber der Tochter Janssen Cilag.

Rosellerheide ist schön - und produktiv: Dort hat Johnson & Johnson seinen Deutschlandsitz (li.) direkt gegenüber der Tochter Janssen Cilag.

Foto: Lothar Berns

Rosellerheide ist hübsch. Ein putziges Dorf, die Straßen sind eng, viel Feld drumherum. Und am Ende des Ortes gibt es diesen Weltkonzern. Wenn man es nicht weiß, man würde kaum ahnen, dass der Gesundheitsprodukte-Spezialist Johnson & Johnson und dessen Pharmasparte, die Janssen Cilag GmbH, von dort im Neusser Süden aus ihr Geschäft in Deutschland steuern. Vor einigen Jahren ist an diesem Standort mit dem Umzug von Johnson aus Düsseldorf ein ganzer Campus geworden. "Der Düsseldorfer Standort von wurde zu klein. Deshalb haben wir uns für einen gemeinsamen Campus in Neuss entschieden", sagt Jan Meurer, der seit Ende August Vorsitzender der Johnson-Geschäftsführung ist und auf diesem Posten den Belgier Luc Huys beerbt hat.

Neuss ist für beide Unternehmen die Zentrale, die Denkfabrik. Johnson beschäftigt in seiner Consumer-Sparte am Standort Neuss etwa 350 seiner 750 Mitarbeiter, bei Janssen (Umsatz: gut eine Milliarde Euro) arbeiten ebenfalls rund 350 der in Deutschland insgesamt rund 800 Beschäftigten. Geschäftsführung, Marketing, Vertrieb und medizinische Abteilungen sind angesiedelt - aber die Laborforschung und die Produktion für Deutschland nicht. In Neuss werden auf beiden Seiten der Raiffeisenstraße, die die beiden Unternehmen trennt, Ideen produziert. Lösungen für Verbraucher und Patienten, die über die Arznei oder Hygieneprodukte wie den Tampon o.b. oder die Penatencreme oder den Rauchentwöhner Nicorette hinausgehen. "Es reicht heute nicht mehr, ein tolles Produkt zu haben, wir müssen Menschen in ihrem Alltag abholen", sagt Jan Meurer.

Neuss: Die Denkfabrik vom Lande
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Für o.b. etwa, der wohl bekanntesten Marke des Konzerns in Deutschland, hat Johnson ein Schulprogramm mit Unterrichtsprogramm zur Sexualerziehung entwickelt, das kürzlich zum dritten Mal mit dem Comenius-EduMedia-Siegel ausgezeichnet worden ist. "Bei o.b. bekommen wir seit 60 Jahren fast dieselben Fragen rund um die Menstruations-Hygiene und Tampons. Deshalb gehört Aufklärung, Information und Beratung zu unseren Aufgaben", sagt Meurer. Produziert werden die Tampons im Wuppertaler Werk, der Inhalt Drumherum entsteht in Neuss.

Ähnlich läuft es bei Janssen, der Pharma-Sparte des Gesamtkonzerns. Acht Wirkstoffe stehen auf der Liste der unverzichtbaren Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation WHO. In Deutschland hat Janssen seit 2003 mehr als 20 neue Produkte auf den Markt gebracht, allein 2014 sechs Neueinführungen. Bis 2018 sind weltweit neun neue Wirkstoffe oder Verabreichungsformen geplant. "Wir tragen viel zum medizinischen Fortschritt bei, aber wir überlegen darüber hinaus: Wie kann der Patient an Lebensqualität gewinnen? Was kann ihm helfen im Alltag und in seinem Umfeld? Wie können wir dazu beitragen, dass er den maximalen Nutzen aus seiner Therapie gewinnt?", sagt Iris Zemzoum, Vorsitzende der Janssen-Geschäftsführung.

 Wie digitale Helfer dem Patienten nutzen können, war Thema beim Innovationstag bei Janssen.

Wie digitale Helfer dem Patienten nutzen können, war Thema beim Innovationstag bei Janssen.

Foto: Janssen Cilag

So sind das Programm "BeWegbereiter" und der Online-Trainer "Skinwinner" entstanden, das Patienten mit Schuppenflechte Hilfen zur richtigen Ernährung und Fitness gibt. Ähnliche Helfer sind das Portal "richtigwichtig.de", das die Medikamenten-Einnahme von Schizophrenie-Patienten begleitet, oder das virtuelle Tumorboard, das derzeit entsteht und den Austausch zwischen Ärzten und Krebspatienten erleichtern soll. Die Entwickler dieser Projekte arbeiten seit 2014 in einer eigenen Abteilung mit dem Namen "Health Outcome Management". Zwölf Mitarbeiter beschäftigen sich mit der Frage, wie sie den Nutzen und die Lebensqualität der Patienten verbessern können. Dafür kooperiert Janssen mit Unikliniken, Forschungseinrichtungen, Biotechnologie-Spezialisten, aber auch mit Unternehmen aus anderen Branchen. Bei einem Innovationstag, einer Konferenz für Ideenentwickler, auf dem Neusser Campus wurden kürzlich neue Ideen aus dem Bereich eHealth diskutiert, die Patienten den Umgang mit Erkrankungen erleichtern sollen. "Forschung und Entwicklung findet nicht im Elfenbeinturm statt. Mehr als die Hälfte unserer Ideen und Entwicklungen entsteht durch Kooperation mit Partnern", sagt Zemzoum.

Digitale Anwendungen unterstützen Patienten dabei, die richtige Medikation zur richtigen Zeit zu nehmen und den Therapieverlauf so genau zu protokollieren, dass der Arzt daraus wichtige Erkenntnisse gewinnen kann. Das soll helfen, die Behandlung zu verbessern, neue Behandlungsoptionen zu eröffnen und die Kosten zu optimieren. "Ziel ist es, eine Vorreiterrolle beim Thema Outcome einzunehmen", sagt Iris Zemzoum.

Dafür ist Rosellerheide wie gemacht.

(NGZ)
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