Neuss Der Weg zum Führerschein wird länger

Neuss · In Neuss ist die Zahl der Fahrschüler trotz des demografischen Wandels nicht zurückgegangen. Dennoch gibt es zu viele Fahrschulen für zu wenig Schüler. Im Schnitt brauchen die Fahranfänger zudem mehr Praxisunterricht als früher.

Fahrschullehrer Björn Klotzki (l.) bringt Schülerin Mandy Kokscht das Autofahren bei.

Fahrschullehrer Björn Klotzki (l.) bringt Schülerin Mandy Kokscht das Autofahren bei.

Foto: Andreas Woitschützke

Sebastian Zumpe ist seit zehn Jahren Fahrlehrer. Mit seinen Fahrschulen auf der Furth, in Grimlinghausen und in der Innenstadt an der Zollstraße hat er gleich mehrere Filialen in Betrieb. In diesem Monat kommt mit der in Holzheim eine vierte hinzu. "Die deutschlandweite Statistik und die schwachen Geburtenzahlen sprechen zwar dafür, dass es immer weniger Fahrschüler gibt, doch in Neuss merken wir in unseren Fahrschulen nicht viel davon", sagt er. Damit kann Zumpe den Bundestrend, dass immer mehr Fahrschulen wegen mangelnder Schülerzahlen schließen müssen, nicht bestätigen. Deutschlandweit ist die Zahl der Fahrschulen seit der Jahrtausendwende um etwa 2000 auf 11.900 gesunken. Trotzdem gibt es noch immer zu viele Fahrschulen für zu wenig Schüler. Während 2008 noch fast 1,8 Millionen Menschen die praktische Prüfung ablegten, waren es 2014 nur noch etwa 1,5 Millionen.

Dass die Zahl der Fahrschüler in Neuss nicht unbedingt weniger wird, würde auch die Zahl der beim TÜV Rheinland abgelegten Führerscheinprüfungen bestätigen, sagt Sebastian Zumpe. "Es gab sogar mehr als erwartet", sagt er. Zwar glaubt der Inhaber der Fahrschule Zumpe, dass die Zahl der Fahrschulen auch in Neuss auf Dauer sinken wird. "Aber der Trend geht dann eher zu größeren Fahrschulen: Das Ein-Mann-Fahrschulen-Prinzip von früher hat ausgedient."

Einen weiteren bundesweiten Trend, dass Fahrschüler immer mehr Fahrstunden benötigen, kann er indes bestätigen. "Es sind mehr geworden: zwischen 25 und 35 etwa." Woran das liegt, kann Sebastian Zumpe nicht genau sagen. "Aber ich denke, dass es etwas damit zu tun hat, dass die Schüler heutzutage immer mehr um die Ohren haben", sagt er und nennt als Beispiel das Abitur in zwölf Jahren.

Auch der Inhaber der Fahrschule Klotzki/Wismann, Björn Klotzki, kennt das Problem. Der Vorsitzende der Interessengemeinschaft der Neusser Fahrschulen sagt: "Viele Eltern fragen bereits nach zehn Fahrstunden, wann ihre Kinder denn endlich die Prüfung ablegen können. Aber so einfach ist das heute nicht mehr." Ein Grund seien die hinzugekommenen Sonderfahrten: fünfmal Landstraße, viermal Autobahn und drei Dunkelfahrten. "Die gab es früher einfach nicht." Zudem habe die Konzentrationsfähigkeit der Schüler in den vergangenen Jahren wegen anderer Verpflichtungen abgenommen. "Dazu kommt noch, dass die Straßen vor 20 Jahren tagsüber so leer waren, wie heute um zwei Uhr nachts."

Wegen zunehmender Ampelphasen und Stau in der Stadt könne in den 45 Minuten - so lang dauert eine Fahrstunde - den Fahranfängern auch nicht mehr so viel beigebracht werden, wie früher. Dies führe wiederum zu mehr Praxisunterricht.

Theodor Wesslowski ist Inhaber der gleichnamigen Fahrschule. Auch er kann den Deutschland-Trend von sinkenden Schülerzahlen nicht bestätigen. "Bei mir geht's einigermaßen. Ich kann nicht klagen", sagt er. Dass die Zahl der Fahrstunden, die die Schüler benötigen, ehe sie ihre Prüfung ablegen, gestiegen ist, sei aber sehr wohl der Fall. "Im Schnitt brauchen die Schüler heute so zwischen 25 und 30 Fahrstunden", sagt auch Theodor Wesslowski.

(sb)
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