Neuss Der Terrorismus-Richter

Neuss · Beim Oberlandesgericht ist Ottmar Breidling für Terrorismus-Verfahren zuständig. Gerade hat er die Mitglieder der "Sauerland-Gruppe" zu Haftstrafen verurteilt. Es war eines der letzten Verfahren des Neusser Richters.

Er gehört zu den bekanntesten Juristen in Deutschland, in Neuss aber kennt ihn kaum jemand. Richter Ottmar Breidling ist niemand, der über die gepanzerten und hochmodernen Gerichtssäle des Düsseldorfer Oberlandesgerichts hinaus das Licht der Öffentlichkeit sucht. In dieser Woche stand der 63-Jährige besonders im Fokus: Breidling verurteilte die Terroristen der "Sauerland-Gruppe" zu langen Gefängnisstrafen von bis zu 12 Jahren — es war eines seiner letzten großen Verfahren.

Mit "65" ist Schluss für einen Richter, der im Neusser Amtsgericht seine Juristen-Karriere begonnen hat und inzwischen bundesweit Ansehen genießt. Bei Angeklagten ist er gefürchtet, bei Rechtsanwälten respektiert, und auch in der Politik gilt sein Wort einiges. Nicht selten nutzt Breidling Urteilsverkündungen, um Missstände öffentlich anzuprangern. So forderte der Neusser am Ende eines seiner vielen Verfahren die Wiedereinführung der Kronzeugenregelung oder kritisierte gar seine Kollegen des Bundesverfassungsgerichts, die zuvor den "großen Lauschangriff" und damit die Möglichkeiten der Ermittler des Bundeskriminalamtes stark eingeengt hatten.

Auf Breidlings Schreibtisch landen stets die interessantesten Fälle, die das deutsche Strafrecht zu bieten hat. Prozesse gegen Islamisten und Terroristen, gegen Menschen, die den Rechtsstaat und den Frieden in Deutschland gefährden. Mit solchen "hasserfüllten Verblendeten", wie Breidling sagt, geht der Neusser nicht zimperlich um. "Wir wollen hier keine Geschichten aus 1001 Nacht hören", riet er dem später zu lebenslanger Haft verurteilten Kofferbomber von Köln, als zwei Anhänger von Metin Kaplan — dem Kalifen von Köln — den Gerichtssaal für Propaganda nutzten und auf Weisungen des Richters nicht reagierten. Breidling ließ sie in eine Zelle sperren. Dabei weiß der Richter genau, was er tut: Nahezu alle seine Urteile hielten einer Überprüfung in der Revision durch den Bundesgerichtshof stand.

Privates ist über den 63-Jährigen Neusser kaum zu erfahren. Noch nicht einmal, dass Breidling in Neuss lebt, verrät Gerichtssprecher Ulrich Egger gern. Breidling meidet die Öffentlichkeit und steht aufgrund seiner Position sicherlich auch unter dem Schutz des Staates. "Leute wie er werden bewacht", erklärte auf Anfrage ein früherer Richterkollege aus dem Rhein-Kreis, der selbst jahrelang über Terroristen zu entscheiden hatte und bei dem deshalb stets ein Zivilfahrzeug der Polizei vor der Haustür parkte.

Noch zwei Jahre wird Breidling seinen Kampf für Recht und Gesetz und gegen den internationalen Terrorismus weiterführen. Am Donnerstag eröffnet er den nächsten Prozess — dann gegen drei mutmaßlichen Mitglieder der revolutionären türkischen Volksbefreiungspartei. Das Verfahren findet im Hochsicherheitstrakt des OLG statt, die Verhandlung ist öffentlich.

(NGZ)
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