Neuss Der Rattenfänger von Neuss

Neuss · Wolfgang Piepenbrink (75) ist seit 16 Jahren als Schädlingsbekämpfer in der Stadt unterwegs. Es ist ein Kampf, der kaum zu gewinnen ist.

 Wolfgang Piepenbrink legt einen Köder in der verschlossenen Box aus. Wie hier im Barbaraviertel ist der Befall besonders heftig.

Wolfgang Piepenbrink legt einen Köder in der verschlossenen Box aus. Wie hier im Barbaraviertel ist der Befall besonders heftig.

Foto: Andreas Woitschützke

Es dauert nicht lange, da hat Wolfgang Piepenbrink die Spur gefunden. Sie reicht vom angebissenen Salami-Brot unter der Hecke meterweit bis zu den Mülltonnen. Abfalltüten quillen aus dem Behälter, im Gebüsch liegen Schokoladenpackungen neben Pizzaresten, unterm Baum Körner, die die Tauben übrig gelassen haben. Und hinten am Stromkasten ist das frische Loch. "Da ist sie hinein", sagt Piepenbrink. "Das ist das Rattenloch."

Wenn sich jemand bei der Stadt meldet, weil er eine Ratte gesehen hat, setzt das Ordnungsamt Piepenbrink in Bewegung. Bis zu 300 solcher Meldungen gehen im Jahr ein. Da sind private Grundstückseigentümer, die selbst zur Schädlingsbekämpfung verpflichtet sind, gar nicht mit eingerechnet. Erreicht Piepenbrink ein Hilferuf, macht er sich auf die Suche. Und er wird meistens schnell fündig.

Es ist ein kalter Morgen an der Düsseldorfer Straße, mitten im Barbaraviertel. Seit drei Wochen kommt Piepenbrink beinahe täglich dorthin, um Ratten zu bekämpfen. Der 75-Jährige ist der Rattenfänger von Neuss, er handelt im Auftrag der Stadt. Seit 1996 ist der Neusser selbstständiger Schädlingsbekämpfer. Er müsste nicht mehr arbeiten. Aber er will es. Wenn er etwas tut, dann tut er es auch gründlich. Die Verwaltung sagt, es gebe keine besonders große Population in der Stadt. Für einen Schädlingsbekämpfer wie Piepenbrink ist es an vielen Stellen in der Stadt dennoch ein Kampf, der kaum zu gewinnen ist. Aber wenn man es nicht täte, würde das Problem Überhand nehmen.

Vor kurzem erst waren an der Düsseldorfer Straße alle Löcher zu. Geschlossen von ihm und seinen Mitarbeitern, verfüllt mit einem Giftköder. An anderen Stellen wird der Köder in verschlossenen Boxen im Gebüsch ausgelegt. An dem vermeintlichen Festmahl verbluten die Tiere innerlich und verenden. Dann dauert es aber trotzdem nicht lange, bis die nächsten Löcher aufreißen. "Das hier ist wahrscheinlich alles unterhöhlt", sagt er. Wahrscheinlich lebt dort ein ganzes Rudel mit mehr als einem Dutzend Tieren. Vielleicht aber noch viel mehr. Zu gut sind an dieser Stelle die Lebensbedingungen für Ratten. "Die Menschen sind selbst schuld", sagt er.

Denn sie geben Ratten alles, was sie brauchen: Unterschlupf. Und Nahrung. Schlimmstenfalls auch beides auf einem Grundstück. "Zur Rattenbekämpfung reicht es nicht, einfach Gift auszulegen. Solange man die Bedingungen nicht verändert, muss man auch immer mit Neubefall rechnen", sagt Piepenbrink. In der Stadt ist es deshalb verboten, Tiere zu füttern. Viele halten sich aber offensichtlich nicht daran. Betroffen sind Stadtteile mit großen Wohneinheiten wie in Derikum, Weckhoven oder Norf, aber auch Villenviertel mit gepflegten Gärten. Dort nämlich werden oft Vögel und Fische in Teichen gefüttert - auch ideale Nahrung für Ratten. Im Zentrum bieten Grünflächen, Hochbeete und Gewässerläufe ideale Unterschlüpfe. Piepenbrink will sich in der nächsten Woche den Erftverlauf vornehmen. Und die Düsseldorfer Straße. "Erst wenn alle Löcher zubleiben wissen wir, dass sich das Problem erledigt hat", sagt Piepenbrink. Es kann nur etwas dauern.

(NGZ)
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