Neuss Der letzte Tusch in Christ König

Neuss · Nach sechs Jahrzehnten Narretei wird in dieser Session zum letzten Mal in der Further Gemeinde eine Sitzung organisiert. Der Förderverein Christ König, seit 20 Jahren Veranstalter, hat dazu alle Ehemaligen eingeladen.

 Michael Engels hängt zum letzten mal ein Plakat für eine Sitzung des Fördervereins bei Reiner Franzen im Thomas-Morus-Haus auf.

Michael Engels hängt zum letzten mal ein Plakat für eine Sitzung des Fördervereins bei Reiner Franzen im Thomas-Morus-Haus auf.

Foto: A. Woitschützke

Das Sessionsmotto ist ein Fingerzeig auf die Situation des Veranstalters. "Mer blieve dem Karneval treu" in der vergangenen Session klang irgendwie beschwörend und fast wie eine Durchhalteparole, doch das neue Motto für den Pfarrkarneval in der Gemeinde Christ König ist an Eindeutigkeit nicht zu übertreffen: "20 Johr jeck - mer sind dann mal weg."

20 Jahre hatte der Förderverein Christ König, der sich nun mit einem letzten bunten Abend aus dem Karneval zurückzieht, im Thomas-Morus-Haus Programm gemacht. Die Tradition, die nun zu Ende geht, ist aber viel älter. Denn schon mit der Neugründung der Pfarre im Jahr 1955 setzte der damalige Jugendkaplan Walter Külzer auf der Furth ein zartes karnevalistisches Pflänzchen. Die erste Sitzung, die Anfang 1956 in Christ König stattfand, wurde noch durch die Bank von "Importen" aus Köln-Nippes bestritten, doch der "Verein für katholische Familien- und Jugendpflege" griff diesen Impuls auf. "Wir waren ein Karnevalsverein, der sich aber weder dem Neusser Karnevals-Ausschuss noch sonst einem Verband angeschlossen hat", erklärt Dieter Nehr. "Deshalb der Name."

40 Jahre segelte das Narrenschiff unterdem Namen dieses völlig unkarnevalistischen Vereins, bei dem sich Kappesköpp-Baas Werner Zog (Duo S+Z) oder der Redner Heinz Langlitz ("Das Würstchen vom Lande") ihre ersten Sporen verdienten. Dann war man im Verein der Ansicht, die Karnevalssitzung jüngeren Kräften anvertrauen zu können. "Wir Alten treffen uns aber weiter ein Mal im Monat ,Bei Moni' am Nordbad", sagt Nehr. Zehn bis 15 Leute seien dann immer da.

Der Übergang erfolgte 1996. Seitdem ist Karneval Angelegenheit des Fördervereins Christ König, der sich damals gerade gründete und von Gemeindemitgliedern getragen wurde, die zum Beispiel in Familienkreisen aktiv waren. Einer davon war Michael Engels, der auf der Bühne unter anderem als "Hausmeister Friemel" zu sehen war und heute als Vorsitzender den Förderverein führt. 80 Prozent der Vereinsarbeit dreht sich seitdem um das Brauchtum, denn die heute noch 20 Mitglieder machen alles selbst. Vom Plakat über die Programmvorbereitung bis zur Umsetzung auf der Bühne. Nur die Tanzgarde der Further Karnevalsgesellschaft "Grün Weiß Gelb" wurde als Gast eingebunden und ist auch in der letzten Sitzung dabei.

Doch der Förderverein, der sich nun anderen Zielen widmen will, hatte zunehmend Probleme, diesen Aufwand zu stemmen. Gab es erst zwei Sitzungen, so wurde das vor drei Jahren auf eine reduziert, die zuletzt halb Karnevalssitzung, halb Party war. Da aber gab es schon keinen Elferrat mehr.

Für Reiner Franzen, Vizepräsident des Neusser KA und Gastronom im Thomas-Morus-Haus, sind solche Pfarr-Sitzungen das Salz in der Suppe des Karnevals: "Das ist Comedy von Laien, die hochklassig ist und das widerspiegelt, was rund um den Kirchturm passiert."

(-nau)
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