Neuss Der Further Hof prägt eine Generation

Neuss · Die Eck-Kneipe an der Further Straße war bis Mitte der 2000er Jahre ein echter Hotspot für junge Neusser. Das sehr erfolgreiche Konzept mit Ausstellungen, Live-Musik, Kabarett und Talk-Runden ließ ihn zur Legende werden.

 Der Further Hof heute: Der letzte Versuch die Traditions-Gaststätte wieder zu beleben, ist vor rund zwei Jahren gescheitert.

Der Further Hof heute: Der letzte Versuch die Traditions-Gaststätte wieder zu beleben, ist vor rund zwei Jahren gescheitert.

Foto: lber

Es gibt wenige Häuser in Neuss, die echte Legenden sind - der Further Hof gehört dazu. Das Hotel mit Gaststätte, das in den Archiven der Stadt erstmals im Jahr 1910 erwähnt wird, entwickelte sich Ende des vergangenen Jahrhunderts zum angesagten Hotspot. Bis Mitte der 2000er Jahre war die Kneipe an der Further Straße der In-Treff der Stadt. "Egal, wann man hin kam, es war immer was los, man hat immer Bekannte getroffen", erzählt Harry Oellers. Der Musiker, der heute mit der Hardrock-Band Axxis erfolgreich auf den Bühnen der Welt steht, erinnert sich: "Es war mehr als eine Kneipe. Es gab Ausstellungen, Disco, Kabarett, Konzerte." Auch Axxis trat im "Säälchen" auf, das sich an den Gastraum anschloss. "Es war Anfang der 90er Jahre. Wir hatten gerade unseren internationalen Durchbruch. Und Bärbel, die damalige Wirtin, hatte unser Konzert auf einer Plakatwand in der Unterführung am Hauptbahnhof angekündigt", so der Keyboarder. "Es war proppevoll. In den Saal passten rund 300 Leute. Das reichte längst nicht. Das Publikum stand sogar auf der Straße."

Gastronomin Bärbel Zündorf, die mit Pit Doetsch den Further Hof bis zum Jahr 2000 führte, erinnert sich gern. "Als wir den Hof übernahmen, war es eine ganz normale Kneipe mit Saal für Beerdigungen oder Taufen. Irgendwann haben wir den umfunktioniert: Fenster zugehängt, Musikanlage und Theke reingestellt - lief." Tatsächlich hatte die gelernte Marketingkauffrau, die aus einer Gastronomen-Familie stammt, noch einiges mehr gemacht. Formate wie der "Talk im Hof" oder die Disco "Schwoof im Hof" sind ebenso Legende wie die "Chez Croupier"-Abende, bei denen sich der Saal in ein Spielcasino verwandelte und Gäste in Galarobe Spielgeld setzten. "Der Further Hof war ein großer Spielplatz und ein zweites Wohnzimmer. Die Magie kann nur verstehen, wer dabei gewesen ist. Er war ein Kind seiner Zeit", stellt Zündorf fest.

Jürgen Scheer war dabei. Der heutige Pressesprecher der Stadtwerke moderierte regelmäßig Talk-Runden im Further Hof, so den gemeinsam mit dem Radioreporter Thomas Kalus etablierten "Sport-Express". "Mein Highlight war aber ein Gespräch mit dem Schauspieler Martin Semmelrogge", erinnert sich Scheer. Semmelrogge war 2004 sein Gast im "Hof". "Er verbüßte damals eine Freiheitsstrafe und durfte das Gefängnis nur zeitweise verlassen", so Scheer. Anlässlich eines Engagements im Düsseldorfer Theater an der Kö, kam Semmelrogge zum Gespräch in den Further Hof. "Die Berichterstattung über seine Freigänge hatte er aber exklusiv an einen Privatsender verkauft. Fotos von ihm sollte es nicht geben - deshalb trug Semmelrogge während des Interviews eine riesige Plastik-Maske", erinnert sich Scheer.

(NGZ)
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