Neuss Der Cello-Poet mit genialem Begleiter

Neuss · Nicolas Altstaedt und Jonathan Cohen spielten im Zeughaus unter anderem Werke von Bach.

Es verführt ein wenig auch zu Neusser Stolz, dass es der Weltreisende in Sachen Violoncello, gefragte Kammermusikpartner und künstlerische Leiter des Lockenhaus-Festivals im österreichischen Burgenland immer mal wieder schafft, ins Neusser Zeughaus zu kommen. Nun war Nicolas Altstaedt mal wieder zu einem Solistenkonzert da und hatte mit Jonathan Cohen, dem britischen Dirigenten, Cellisten und Cembalisten, einen kongenialen Partner an der Seite. Dessen makelloses Cembalospiel hatte allerdings ein überraschendes Manko, wie die zu Beginn gespielte "Gambensonate g-Moll" von Carl Philipp Emanuel Bach sogleich offenbarte. Das Cembalo war durchweg zu leise registriert, obgleich das vom Kölner Cembalo-Atelier geliehene Instrument über zwei Achtfuß-, einen Vierfuß- und Lautenzug auf zwei Manuale verteilt, verfügte.

Das spielte zwangsläufig Nicolas Altstaedt auf seinem "historisch" gestimmten, dadurch sehr warmen und weichen Violoncello zu stark in den Vordergrund. Dabei war das Zusammenspiel beider Musiker, die sich auch menschlich blendend verstehen, als sensibles Miteinander höchst beachtenswert.

Aber auch die beiden "Sonaten für Viola da gamba und Cembalo" des Bach-Vaters Johann Sebastian litten unter dem zu verhaltenen Cembalospiel. Das Instrument, historisch orientiert am flämischen Cembalobau des 17./18. Jahrhunderts, aber war erstklassig. So wurden die beiden Werke für Violoncello solo zu den Höhepunkten des Abends. Darunter war eine spannende Komposition des bei uns kaum bekannten, in Frankreich aber hoch geschätzten Henri Dutilleux.

Dieses Werk hat eine Vorgeschichte. Der russische Cellist Mstislaw Rostropowitsch bat 1976 zum 70. Geburtstag des Basler Dirigenten und Förderers zeitgenössischer Musik Paul Sacher zwölf Komponisten um ein Huldigungswerk für Violoncello solo, das den Namen S-A-C-H-Re (deutsch-italienisches Tonalphabet) enthielt. Henri Dutilleux ergänzte später seinen Beitrag um zwei weitere Sätze zu "Trois strophes sur le nom de Sacher". Das interessante Werk vereinigt nahezu alle Facetten des modernen Cellospiels, im zweiten Satz musste Nicolas Altstaedt die tiefen Saiten umstimmen, um im abschließenden "Vivace" seine grandiose Meisterschaft auszuspielen. So wurde auch die "Suite für Violoncello solo Nr. 3" des glühenden Bach-Verehrers Benjamin Britten zum Fest.

In feiner Abstimmung zwischen Charisma und Askese zelebrierte Nicolas Altstaedt die neun Sätze bis zum Ostinatsatz "Passacaglia" vor einem gebannt zuhörenden Publikum.

(nima)
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