Neuss Das Wort Gottes und zerschossene Fotos

Neuss · Die Ausstellung "Am Anfang war das Wort..." zeigt monumentalte Schriftkunst von Wolfgang Vetten. Daneben sind Bilder der Zerstörung zu sehen, die sein Sohn, Daniel Schumann, mit der Kamera eingefangen hat - und zerstörte Bilder.

 Wolfgang Vetten vor seiner 35 Meter langen Schrift-Installation in der Alten Post.

Wolfgang Vetten vor seiner 35 Meter langen Schrift-Installation in der Alten Post.

Foto: Woi

Die Eröffnungsrede wird der evangelische Pfarrer Sebastian Appelfeller halten. Das passt, denn die von Klaus Richter kuratierte Ausstellung, die am Sonntag um 11.30 Uhr im Kulturforum Alte Post eröffnet wird, steht im engen Zusammenhang mit der Reformation vor genau 500 Jahren. Zu sehen sind eine monumentale Schrift-Installation von Wolfgang Vetten und Fotografien von Daniel Schumann. Mit Informationen über ihre Personen geizen die beiden Künstler. Was bekannt ist: Wolfgang Vetten ist der Vater von Daniel Schumann. Sie stellen jetzt zum ersten Mal gemeinsam aus. Der Vater lebt in Erkrath, der Sohn in Düsseldorf. Und der Filius ist fester freier Fotograf beim "Handelsblatt". Auskunftsfreudiger sind die Herrschaften zum Glück schon, wenn es um ihre Kunst geht.

Wolfgang Vetten hat sich von dem Text "Am Anfang stand das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott...." inspirieren lassen. Die Besucher der Ausstellung werden im Foyer der "Alten Post" von Worten umgeben, umzingelt geradezu. Es ist ein meditatives, fast schon spirituelles Werk, das der Erkrather eigens für diese Ausstellung geschaffen hat - dies geschah während der Sommerferien in der Sporthalle einer Erkrather Schule. Vetten ist es nicht schwergefallen, einen Bezug zur Reformationszeit herzustellen beziehungsweise von der Reformationszeit zur Gegenwart: "Wir leben wieder in einem Zeitalter der Umbrüche, wie vor 500 Jahren." Was ihn zu seiner imposanten Arbeit für die "Alte Post" motivierte: die kontrovers geführte Diskussion über die "Gen-Schere". Vetten bezieht eine klare Position: Für ihn überwiegen die Risiken - albtraumhafte Risiken: "Der neue Mensch könnte ein Frankenstein werden."

Als Text hat er etwas Passendes bei dem Autoren Klaus Hütt gefunden, der im Sprachstil der Bibel schreibt: "Lasset uns Menschen machen, sprach der Mensch", lautet die Überschrift. Die betont schwungvolle Schrift hat ihre eigene Ästhetik, sie wirkt auf den Betrachter, auch wenn er sie nicht entziffert. Wolfgang Vetten schrieb in leuchtendem Blau und setzte eine zartgraue Schrift zwischen die blauen Schriftzüge. 35 laufende Meter Schrift sind so entstanden, die blaue hatte er sehr schnell aufgetragen, die graue langsam. In der Krefelder Pax-Christi-Kirche hat Vetten übrigens ein Kirchenfenster nach diesem Muster gestaltet.

"Luther hat alles zerstört, er war schon auch eine Pottsau", sagt Pfarrer Appelfeller. Dass der Mensch menschlich sein durfte und von seinen Sünden befreit, das durfte vor 500 Jahren nicht sein. Daniel Schumann zeigt Fotos unter der Überschrift "The End of Winter". Ausgangspunkt ist ein Autounfall, bei dem nicht nur sein Skoda völlig zerstört wurde, sondern auch ein Großteil seiner professionellen Kameraausrüstung. So entstand die Idee, die Zerstörung zum Thema zu machen. Zu sehen sind aber nicht nur die Trümmer des Fahrzeugs und des Fotokoffers: Daniel Schumann zeigt auch, was übrigbleibt, wenn auf eine Kamera eine tonnenschwere Last fällt. Die Zerstörung treibt er mitunter auf die Spitze, indem er auf Fotos von zerstörten Gegenständen hat schießen lassen: Fotos mit Einschusslöchern werden nicht alle Tage ausgestellt.

Die Ausstellung an der Neustraße 28 dauert bis zum 8. Oktober. Sie ist zu folgenden Zeiten geöffnet: Montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr, samstags von 14 bis 18 Uhr, sonntags von 12 bis 18 Uhr - am 3. Oktober bleibt die Ausstellung geschlossen.

(NGZ)
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