Neuss Das Knattern des Käfers

Neuss · Heute vor 60 Jahren lief in Wolfsburg der millionste Käfer vom Band. Der Wagen spielt für viele Neusser heute noch eine große Rolle.

 Manfred Gerding zeigt den Käfer der Neusser Feuerwehr (Baujahr 1972). Feuerwehrchef Joachim Elbinger und Techniker Gerding fahren den Oldtimer zu Repräsentationszwecken.

Manfred Gerding zeigt den Käfer der Neusser Feuerwehr (Baujahr 1972). Feuerwehrchef Joachim Elbinger und Techniker Gerding fahren den Oldtimer zu Repräsentationszwecken.

Foto: Lothar BErns

Wenn Klaus Hebmüller den Zündschlüssel an seinem VW-Käfer umdreht, dann fährt das Kopfkino los. In Gedanken brettert er wieder mit seinem Brezel-Käfer nach Italien wie damals 1953, oder er klettert durch die väterliche Fabrik, in der Fahrzeuge (wie später auch der Käfer) eine ganz besondere Karosserie bekommen. "Dieser Sound ist für mich ein ganz besonderes Geräusch - es steckt voller Erinnerungen", sagt der heute 81-Jährige.

 Christel und Klaus Hebmüller pflegen ihren Käfer "Hebmüller Cabriolet" (Baujahr 1949). Die Karosserie stammt aus dem Werk von Klaus Hebmüllers Vater.

Christel und Klaus Hebmüller pflegen ihren Käfer "Hebmüller Cabriolet" (Baujahr 1949). Die Karosserie stammt aus dem Werk von Klaus Hebmüllers Vater.

Foto: Andreas Woitschützke

Der VW Käfer ist mehr als ein Auto. Er ist das erste Auto, das sich das gemeine Volk leisten kann, eben der Volkswagen. Er ist Wirtschaftswundersymbol, heute vor 60 Jahren lief in Wolfsburg schon der eine millionste Käfer vom Band. Er läuft und läuft und läuft noch immer zu vielen Tausenden in Zeiten, in denen Internetkonzerne wie Google selbstfahrende Autos testen. Gerade angesichts solcher Versuche ist der VW-Käfer für viele ein Meilenstein der Automobilgeschichte. Und für Jüngere eben ein putziges Autochen, wenn's vorbeifährt.

Das weiß Manfred Gerding von der Neusser Feuerwehr genau. Der 40-Jährige ist für die technische Ausrüstung der Neusser Feuerwehr verantwortlich. Insofern fällt in sein Aufgabengebiet auch eine der angenehmsten Aufgaben: Er muss den feuerwehr-eigenen VW-Käfer mit Funksprechgerät im Innern und Blaulicht auf dem Dach regelmäßig ausfahren. "So ein Auto braucht das", sagt Gerding. Also setzte er sich regelmäßig hinters Steuer und knattert mit 34 Pferdestärken über die Straßen im Rhein-Kreis. "Das ist einfach phänomenal, die Leute schauen hinterher - man kennt einfach so ein Auto", sagt Gerding. Und das Beste: "Er bringt uns immer wieder zurück." Vier Jahre stand das Fahrzeug (Baujahr 1972) nur in der Garage der Feuerwehr in Grefrath. Aufgrund des schlechten Zustands war es außer Betrieb genommen. Oldtimer-Fan Martin Hülbrock restaurierte es im Neusser Jugendtreff Greyhound im Rahmen eines Sozialprojektes mit Jugendlichen. Das Fahrzeug bekam in vier Monaten Arbeit einen neuen Motor, eine neue Vorderachse, und die komplette Front wurde erneuert. Das Ergebnis: Im März des vergangenen Jahres kam der Feuerwehr-Käfer problemlos über den Tüv. Seitdem fahren Gerding oder Feuerwehr-Chef Joachim Elbinger zu repräsentativen Zwecken aus - wie am vergangenen Wochenende etwa zu den Classic Days auf Schloss Dyck.

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Probleme mit der Hauptuntersuchung beim Tüv kennt auch Klaus Hebmüller nicht. Im Juni bekam sein Cabriolet aus dem Jahr 1949 die Plakette mit Kusshand aufs H-Kennzeichen. Das Fahrzeug hat großen Seltenheitswert. Es ist eine Sonderanfertigung des Karosseriebau-Maßschneiders Joseph Hebmüller Söhne - die Firma von Klaus Hebmüllers Vater. "Nur knapp 800 Stück des VW Hebmüllers Cabrio wurden gebaut", sagt der 81-Jährige. Umso mehr Aufsehen erregen Klaus und Christel Hebmüller, wenn sie mit dem historischen Fahrzeug (knapp 25 PS) mit bis zu 100 Stundenkilometer über die Straßen knattern. "Keine Servolenkung, kein Bremskraftverstärker, kein synchronisiertes Getriebe, so dass ich immer mit Zwischengas fahren muss", schwärmt Hebmüller. "Das ist Autofahren." Selbstfahrende Autos das können irgendwann alle. Käfer aber immer weniger.

(NGZ)
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