Neuss Lange Schnauze, viel dahinter

Neuss · Ein Auto, das kein Oldtimer ist und trotzdem für die Classic Days zugelassen ist, muss etwas Besonderes sein. Der Neusser Gerd Luckas ist leidenschaftlicher Wiesmann-Fahrer. Schon heute Abend empfängt er Gleichgesinnte.

 Gerd Luckas (72) vor seinem nachtblauen Wiesmann "MF3". Am kommenden Wochenende geht es zu den Classic Days auf Schloss Dyck.

Gerd Luckas (72) vor seinem nachtblauen Wiesmann "MF3". Am kommenden Wochenende geht es zu den Classic Days auf Schloss Dyck.

Foto: woi

Vor dem Fernseher ist es passiert. Damals, in den 90er Jahren, als es noch das Deutsche Sportfernsehen (DSF) gab. In einer Autosendung wurde ein neues Modell der Marke Wiesmann vorgestellt. Zu dieser Zeit fuhr Gerd Luckas noch einen Lotus "Super Seven". Doch beim Anblick des Wiesmann flammte bei dem heute 72-Jährigen schnell Begeisterung auf. "Ich konnte mir ihn als Nachfolger für meinen Lotus vorstellen", erinnert er sich. Jahre vergingen, doch der Wagen mit der charakteristischen langen Motorhaube blieb immer in seinem Hinterkopf.

Dass er sich seinen Traum erfüllen konnte und der dunkle Sound des 343 PS starken Motors an sonnigen Tagen nun seine Ohren kitzelt, ist mehreren Faktoren zu verdanken. Zu allererst seiner Frau. Sie schenkte ihm zu seinem 65. Geburtstag nämlich ein Wochenende in Dülmen. Dort wurde das Unternehmen Wiesmann 1988 gegründet. Das Highlight: Für das gesamte Wochenende hatte das Ehepaar einen Wiesmann zur freien Verfügung. Nach rund 400 Kilometern war es dann um ihn geschehen.

Doch erst 2012, Luckas hatte seine Tätigkeit als Steuerberater inzwischen aufgegeben, zeichnete sich bei Wiesmann die Insolvenz ab. Die Preise sanken kurzzeitig. "Da war meine Stunde gekommen", sagt Luckas, der wenig später einen Roadster aus zweiter Hand erwarb. Seitdem ist er stolzer Besitzer eines nachtblauen, 1100 Kilogramm schweren "MF3" mit einer Spitzengeschwindigkeit von 260 Kilometern pro Stunde. Nur 910 Exemplare dieses Modells gibt es weltweit. Luckas hat die Nummer 824.

Wenn am kommenden Wochenende Oldtimer-Besitzer und -Fans zu den Classic Days auf Schloss Dyck strömen, dann sind auch Gerd Luckas und seine Kollegen vom Wiesmann-Club mit am Start. Bereits heute Abend treffen rund 25 "Wiesmänner" in Neuss ein, um sich ein wenig zu akklimatisieren. Am Samstag - dann kommen noch weitere 25 Wiesmann-Modelle hinzu - geht es in der Früh geschlossen mit 50 Fahrzeugen zu den Classic Days. Obwohl Wiesmann-Autos noch keine Oldtimer sind, 1993 erschien das erste Serienmodell, sind sie auf Schloss Dyck willkommen. "Sie verkörpern einfach ein herausragendes Beispiel deutscher Automobilbaukunst. Zumal nach circa 1500 gebauten Fahrzeugen wohl in dieser Form kein Fahrzeug mehr nachfolgen wird", erklärt Luckas.

Aber warum muss es ein Wiesmann sein? Ein Auto, bei dem Reparaturen ob seiner Seltenheit mit viel Aufwand verbunden sind. Doch Luckas ist Auto-Romantiker. Er gerät ins Schwärmen, wenn er über eine "harmonisch gezeichnete Karosserie" spricht, "die sich wohltuend vom heutigen Automobil-Einheitsbrei abhebt". Doch was zählt, ist nicht die Optik, sondern das Fahrgefühl. Schon das Logo - ein Gecko - suggeriert, dass das Fahrzeug an der Straße "klebt". Wer Wiesmann fährt, der möchte keinen Komfort, sondern den Asphalt spüren. Am liebsten fährt Luckas deshalb in bergigen Gebieten mit vielen Kurven. Dann fühlt er seinen Wiesmann so richtig. Und dann ist es schon wieder um ihn geschehen.

(jasi)
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