Neusser Schützenfest 2015 Gerd Philipp I. — König mit dem 22. Schuss

Neuss · Vier Bewerber, ein Krimi an der Vogelstange – und die Entscheidung mit dem 22. Schuss: Diese drei Elemente scheinen in Neuss die unvergesslichen Entscheidungen auf der Festwiese zu markieren. Das war im Vorjahr so, als sich der Scheibenschütze Markus Reipen den Titel holte, das war aber auch Dientag so, als mit Gerd Philipp Sassenrath vom Schützenlust-Zug "Frischlinge" ein neuer König an die Spitze des größten Regimentes trat.

Neusser Schützenfest 2015: Gerd Sassenrath ist neuer Schützenkönig
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Foto: Woitschützke, Andreas

Vier Bewerber, ein Krimi an der Vogelstange — und die Entscheidung mit dem 22. Schuss: Diese drei Elemente scheinen in Neuss die unvergesslichen Entscheidungen auf der Festwiese zu markieren. Das war im Vorjahr so, als sich der Scheibenschütze Markus Reipen den Titel holte, das war aber auch Dientag so, als mit Gerd Philipp Sassenrath vom Schützenlust-Zug "Frischlinge" ein neuer König an die Spitze des größten Regimentes trat.

Um 18.56 Uhr tat er den entscheidenden Schuss und richtete keine 20 Minuten später schon die ersten Worte an die über 5000 Menschen im Wiesengrund: "Das Vieh war wirklich zäh." "Ich werde König, weil ich das wirklich will, aber nicht kann", hatte Sassenrath vor dem Schießen erklärt und nachgeschoben: "Wer es nicht kann, aber wirklich will, der wird‘s bekommen." Mit dieser besonderen Logik behielt der 54-Jährige tatsächlich Recht. Aber Sassenrath war ein demütiger Sieger. An seine Mitbewerber Bernd Herten (Grenadierzug "Nix als Trabbel"), Robert Schlune (Zug der Scheibenschützen) und Cornel Hüsch (Schützenlust-Zug "Quirinus-Treu) gerichtet gab er bei seiner Proklamation zu: "Eine Laune des Schicksals hat mir den Sieg unverdient in den Schoß geworfen. Ihr hättet es alle mehr verdient als ich." Das kam auf der Wiese gut an.

Dabei musste sich der promovierte Rechtsanwalt mit seiner Treffsicherheit nicht verstecken. Von Wegen "Laune des Schicksals"! Als er im zweiten Durchgang mit dem sechsten Schuss das Holz splittern ließ, rief ein Zaungast, den sein Zylinder als Grenadier und Fan des Konkurrenten Herten erkennen ließ, halb erschrocken aus: "Der meint es ernst". Und als Sassenrath in Durchgang drei anlegte und nach seinem zehnten Schuss erneut Holzbrocken fielen, meinte der gleiche Beobachter zu wissen: "Jetzt wird es gefährlich." Wurde es auch — für die anderen Bewerber.

Sassenrath hatte seinen Zug erst vor zwei Wochen wissen lassen, dass er auf den Vogel schießen würde. Per Mail, sagt er, um Mitternacht. Da war nur ein Zugkamerad online, doch der, so Sassenrath, "hat die anderen schnell geweckt." Die Zustimmung war enorm und gestern auch auf der Wiese spürbar. Die "Frischlinge" hatten ihr Biwak unmittelbar am Zugang zum Schießstand aufgeschlagen und feuerten ihren Kameraden aus der ersten Reihe an. "Die stärken mir so den Rücken, dass es fast wehtut", erklärte der König, der auf den Schultern seiner Kameraden Jochen Heimbach und Andreas Heusch zur Proklamation getragen wurde.

Beim Komitee meldete Sassenrath, der im 38. Jahr Schütze ist, am Montag seine erste Bewerbung als Königsaspirant an. Anders als Mitbewerber Bernd Herten, der das nur bei Schützenpräsident Thomas Nickel tun wollte ("Der Thomas ist Ehrenmitglied in unserem Zug"), wählte Sassenrath den kurzen Dienstweg. Er wandte sich an Oberschützenmeister Martin Flecken, seinen Schwager.

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Ehefrau Stefanie, schon durch den Geburtsnamen Flecken als Spross einer schützenbegeisterten Neusser Familie ausgewiesen, war gestern natürlich auch auf der Wiese. Um ihr Nervenkostüm kümmerten sich die Töchter Johanna (20) und Katharina (17), die mit ihr und den Frauen vom Zug zitterten und genau 20 Minuten bis zur Entscheidung warten mussten. "Ein Krimi", fand auch Schützenpräsident Nickel. "Es hätte auch der Schuss davor oder danach sein können."

Das neue Königspaar hat sich vorgenommen, etwas von der Freude, die es bei diesem Fest spürt, an die Neusser zurückzugeben. Gestern allerdings freute sich der König, der noch auf der Wiese das Königssilber von seinem Vorgänger Markus Reipen übernahm, beim abendlichen Umzug darauf, all seine Kameraden komplett und in einer Reihe zu sehen. Diesen Anblick habe er in 37 Jahren noch nicht genießen dürfen, sagte er. Sein königlicher Wunsch und Wille fand Gehör.

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