Wackelzug Auf ein Bierchen mit der Polizei

Neuss · Die Kirmestage bedeuten für die Polizei vor allem eine Menge Arbeit. Aber zum Wackelzug treffen sich die Beamten dann doch auf ein Bier. Treffpunkt ist der Bierwagen. In Zivil natürlich.

Selbst wenn sie im Einsatz sind, zeigen Polizisten beim Schützenfest im Sinn des Wortes Flagge und patrouillieren mit der Neusser Fahne auf ihren Krädern entlang der Zugstrecken in der Innenstadt.

Selbst wenn sie im Einsatz sind, zeigen Polizisten beim Schützenfest im Sinn des Wortes Flagge und patrouillieren mit der Neusser Fahne auf ihren Krädern entlang der Zugstrecken in der Innenstadt.

Foto: Andreas Woitschützke

Kim Menke und Lena Brockmann lehnen an einem Biertisch und lassen ihr erstes Neusser Schützenfest Revue passieren. Es ist Kirmesdienstag. An ihnen vorbei ziehen blinkende, schunkelnde und wankende Schützen beim Wackelzug.

"Es gibt schlimmere Schützenfeste", sagt Menke augenzwinkernd. "Die Neusser sind feierfreudig und total entspannt", sagt die junge Frau, die in Ostwestfalen aufgewachsen ist. Menke hat das Neusser Schützenfest gleich aus einer sehr speziellen Perspektive erlebt: Sie ist Polizeikommissarin und war als Fußstreife auf der Neusser Kirmes unterwegs.

Über 500 Einsätze, mehr als 60 Beamte auf der Kirmes, dazu regulärer Wachdienst und zivile Einsatzkräfte - das Schützenfest bedeutet eine große Anstrengung für die Neusser Polizei. Für die Beamten gilt in der Zeit Urlaubssperre. Doch zum Wackelzug am Dienstag trifft sich die Polizei an einer Bierbude nahe dem Hammtor. Seit Jahren ist das so Tradition. Wann und warum das so entstanden ist, weiß niemand mehr so genau. Es waren wohl die Kradfahrer, die den Polizei-Zapfenstreich zum Wackelzug einst ins Leben gerufen haben.

Und so kommt es, dass Menke und Brockmann am Biertisch lehnen und jede Menge Spaß haben. Rund 50 Polizisten stehen an den benachbarten Tischen und am Bierstand. Allerdings nicht als solche zu erkennen, weil in Zivil. "Wir sind halt ganz normale Bürger. Da gehört es in Neuss selbstverständlich dazu, mit den Arbeitskollegen zum Schützenfest zu gehen", sagt Eva Mühleis. Ihr kommt das Schützenfest sogar sehr gelegen. Denn Mühleis ist Einstellungsberaterin bei der Neusser Polizei.

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Jedes Jahr am 1. September fangen die neuen Polizeibeamten mit ihrem dualen Studium an. Um sie in der Neusser Wache zu "integrieren" geht es vorher gleich mal aufs Schützenfest. "Wie kann man seinen Dienst besser beginnen als mit so einem geselligen Treffen", fragt Menke, die von ihren Kollegen "Mutter der Nation" genannt wird.

Weiterer Nebeneffekt: Immer an Schützenfest wird sozusagen auch "Dienstjubiläum" gefeiert. Es sei toll zu sehen, wie sich ihre Schützlinge übers Jahr entwickelt haben. "Letztlich sind wir bei der Polizei auch eine Gemeinschaft. Im Einsatz lernt man sich sehr gut kennen. Der Zusammenhalt ist bei uns vielleicht noch größer als in einem Schützenverein", sagt Kim Menke.

Carina Clasen trinkt trotzdem nur Wasser. Sie muss morgen früh raus. Zur Fachhochschule. Aber sie hat trotzdem ihren Spaß. "Es geht einfach super familiär zu bei uns auf der Wache", schwärmt sie. Schützenfest ist für sie auch nichts Neues. Ihr Vater spiele Tenorhorn in einem Musikkorps in Kleinenbroich, erzählt sie.

Hauptkommissar Christian Bily und Oberkommissarin Andrea Zeleken kommen dazu. Irgendwer hat ein leeres Plastik-Sektglas auf dem Tisch abgestellt. Eine halbvolle Zigarettenschachtel liegt daneben. "Ich stell Dir gleich mal jemanden vor. Du wirst sie mögen", sagt einer in der Runde. "Ich trinke mir erstmal Mut an", sagt ein andere, geht weg - und kommt dann mit einem Tablett mit Bier und kleinen Schnaps-Fläschchen zurück.

Dann gibt es großes Gelächter. Ein Polizist, der gerade erst Dienstschluss hat, drückt Eva Mühleis einen Blumenstrauß in die Hand und hängt ihr ein Lebkuchenherz mit der Aufschrift "Prinzessin" um den Hals. Damit hat er die Lacher natürlich auf seiner Seite. Die Stimmung ist ausgelassen.

Der Wackelzug ist jetzt vorbei. Viele Menschen drängen sich am Bierstand vorbei. Auf dem Weg nach Hause oder in die nächste Kneipe. Dass hier 50 Polizisten zusammen feiern, kann wirklich niemand ahnen. Denn - Exekutive hin oder her - vor dem Bierstand sind halt doch Alle gleich.

(RP)
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