Neuss Bilder sprechen durch Symbole

Neuss · Im Clemens-Sels-Museum wird eine Ausstellung eröffnet, die zeigt, dass der Symbolismus keine abgeschlossene Kunstströmung ist, sondern bis heute anhält. "Geliebte Feinde - Symbolismus heute" präsentiert vier Zeitgenossen.

 Wie ein Lehrer schaut der Maler Christoph Worringer auf die (von ihm konstruierten) Pulte mit seinen Blättern der Reihe "Der magische Kubus".

Wie ein Lehrer schaut der Maler Christoph Worringer auf die (von ihm konstruierten) Pulte mit seinen Blättern der Reihe "Der magische Kubus".

Foto: Lber

Christoph Worringer hält sich für einen humorvollen Menschen. "Aber es kann sein, dass nicht jeder meinen Humor teilt", sagt er. Ist eigentlich kaum möglich, denn wer auf diese Welt nicht nur mit bitterem Ernst schaut, wird sehr oft mindestens schmunzeln bei seinen Bildern. Und sicherlich auch nachdenken. Was hat es zum Beispiel mit dem "Magischen Kubus" auf sich, dem er gleich einen Zyklus mit 27 Zeichnungen gewidmet hat? Das Jahrtausende alte psychologische Spiel, das über die Platzierung von Symbolen (Kubus=ich, Leiter=Freunde, Blume=Kind, Pferd=Geliebte oder Geliebter, Sturm=Probleme) in einer Wüste ins Seelenleben des Spielers blicken lässt, ist ihm nur Anlass. Für viele Bilder nämlich, in denen er mit diesen Symbolen spielt, die Leiter mal zu einer für einen Pool wird, der Kubus das Bild selbst ist oder das Pferd zu einem Einhorn mutiert.

Die wahrlich altmeisterliche Malerei des 41-Jährigen ist ein beredtes Beispiel dafür, dass zeitgenössische Kunst und Symbolismus sich kongenial entsprechen können. Dass Worringer sich damit in einer Reihe mit großen Kollegen befindet, zeigt die neue Ausstellung im Clemens-Sels-Museum "Geliebte Feinde - Symbolismus heute". Bettina Zeman hat sie kuratiert und sich sehr klug auf Werke von Peter Doig, Thomas Schütte, Björn Melhus und Worringer beschränkt. Vielfalt zeigt die Schau dennoch, in den Motiven und den Positionen Malerei, Skulptur, Zeichnung und Druckgrafik.

 Der Maler Peter Doig hat das Bild mit dem fliegenden Cowboy 1982 gemalt. Der in Trinidad lebende Künstler ist ein großer Impulsgeber für die erzählende Malerei.

Der Maler Peter Doig hat das Bild mit dem fliegenden Cowboy 1982 gemalt. Der in Trinidad lebende Künstler ist ein großer Impulsgeber für die erzählende Malerei.

Foto: Contemporary Fine Arts, Berlin/VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Wenn es an dieser höchst sehenswerten Ausstellung etwas zu bemängeln gibt, dann dieses: Warum hat es so lange gedauert, bis das Museum, das eine der wichtigsten Symbolisten-Sammlung aus dem 19. Jahrhundert besitzt, den Blick zurück mit dem nach vorn verbindet?

Zeit braucht man für die Schau. Weniger wegen einer hohen Exponat-Zahl als vielmehr, weil es so viel zu endecken gibt. Auf Peter Doigs großformatigem Bild im Foyer zum Beispiel, das keinen Titel hat und dessen cartoonartiges Motiv von einem fliegenden Cowboy dominiert wird. Darunter fallen die fast geisterhaften menschlichen Körper kaum auf. Was will uns der Künstler damit sagen? ist gewiss nicht die Frage der Stunde. Eher die nach der Faszination von Bildern, in denen sich real anmutende Szenen und absurde Traumbilder zu einem zusammengehörigen Ganzen fügen.

Auch bei Schütte steht das Figurative im Zentrum. Dass Zeman Skulpturen aus dessen "Zombie"-Serie bekommen hat, erfüllt sie zu Recht mit Stolz. Denn die beiden Bronzen im Foyer sind in Deutschland noch nie gezeigt worden. Die "Zombies" sind die Nachfolger von Schüttes "Geistern", die er auseinandergenommen und neu zusammengesetzt hat - mit verdrehten Gliedmaßen und verzerrten Gesichtern. Zudem stehen seine "United Enemies", janusköpfige Figuren aus Fimo unter einem Glassturz und auf Säulen aus Abflussrohren im Obergeschoss, für den ganz eigenen Blick des Künstlers auf diese Welt.

Was Worringer mit dem Satz "Symbolistische Künstler schaffen sich eine eigene Daseinsform" umschreibt, trifft besonders auf den Video-Künstler Björn Melhus zu. Die Schau stellt vor allem seine kunst-, phantasie- und humorvolle Arbeit "No Sunshine" in den Fokus. Sie ist zugleich eine Installation, der ein eigener Raum gewidmet ist. Das Video erzählt eine kleine Geschichte, die selbst dann nachvollziehbar ist, wenn man die Sprache (Englisch) nicht versteht. Melhus, der zu den anerkanntesten Videokünstlern weltweit gehört, ist immer sein eigener Schauspieler und Regisseur. Sehr schön daher auch die Idee von Bettina Zeman, sein Storyboard in dem Raum auszustellen, in dem alle vier Künstler zum Schluss gemeinsam präsentiert werden.

(hbm)
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