Neuss Biene, Wachs und Honig in der Kunst

Neuss · Das legendäre Clownsspiel "Bienchen, Bienchen, gib mir Honig" von Roncalli-Chef Bernhard Paul gibt den Titel der neuen Ausstellung in der Alten Post vor. Acht Künstler ließen sich davon zu ungewöhnlichen Arbeiten inspirieren.

 Als Oldhaus hat sich der Urban-Art-Künstler Alessandro Althaus einen Namen gemacht. Er hat sich für die Ausstellung zu seiner Wandarbeit von einem Bild Salvadore Dalìs inspirieren lassen.

Als Oldhaus hat sich der Urban-Art-Künstler Alessandro Althaus einen Namen gemacht. Er hat sich für die Ausstellung zu seiner Wandarbeit von einem Bild Salvadore Dalìs inspirieren lassen.

Foto: Lothar berns

Der städtische Kurator Klaus Richter ist immer für eine Überraschung gut. Wer würde hinter dem Titel "Bienchen, Bienchen, gib mir Honig" schon eine Ausstellung mit zeitgenössischer Kunst vermuten? Aber der Fachbereichsleiter für bildende Kunst der Alten Post, der zudem als Künstler auch in mehreren Bereichen zu Hause ist, hat es geschafft, darunter diverse Positionen zusammenzufassen und dies auch mit der Leitidee von der Alten Post als Bienenkorb, in dem die Kursteilnehmer etwas zurücklassen (nämlich Kunst in jeder Form) und wieder in die Welt hinausgehen, zu begründen. Und: "Wie sich der Nektar der Biene in Honig verwandelt, ist immer noch ein großes Mysterium — das ist doch auch ein Sinnbild für die Kunst, weil man nicht wirklich weiß, wodurch sie entsteht", sagt er.

Ausgangspunkt des Themas ist Ralph Dutlis Buch "Das Lied vom Honig", eine Kulturgeschichte der Biene, die in ihm allerlei Assoziationen weckte. So ist Wachs schon seit Jahrhunderten ein von Künstlern immer wieder genutztes Material, Biene und Honig als Sinnbilder durchziehen die Kulturgeschichte — und schon ist man bei Joseph Beuys und seiner "Honigpumpe am Arbeitsplatz" von 1977. Der japanische Künstler Taka Kagitomi interpretiert das Werk neu, indem er die gespendete Pumpe liegen lässt und ihre Verpackung — einen sargähnlichen Holzkasten — zu einer skurrilen Installation verarbeitet.

Simi Larisch verändert mit ihren Wachsbildern den Blick auf Gewohntes: So hat sie etwa das Kursverzeichnis der Alten Post Blatt für Blatt auseinandergenommen, mit heißem Wachs überzogen und zu einer dreiteilige Bildereihe gemacht. Sie ist fasziniert von Wachs als Konservierungsmittel — eine jahrhundertealte Technik etwa für Tote. Die Konzeptkünstlerin Birgit Bellmann wird die Besucher der Vernissage in den Kreis der ausstellenden Künstler holen: Sie gibt ihnen ein Stückchen Bienenwachs in die Hand, das sie formen und kneten können, um es dann auf einem kleinen Podest abzulegen und so Teil der Ausstellung werden zu lassen. Der Maler und Bildhauer Thomas Kessler zeigt Skulpturen aus Wachs und Bronze und dokumentiert damit auch den Prozess des bildhauerischen Arbeitens, bei dem eine Wachsform eine Etappe ist. Der Urban-Art-Künstler Oldhaus sprühte ein Bild an die Wand, zu dem er sich von einem surrealistischen Gemälde Dalìs mit einer Biene inspirieren ließ.

Bühnenbildner und Schauspieler Sergio Abajur kreiert ein Bienenkönigin-Kostüm, Maler Anatol steuerte spontan eine bemalte Holztür bei, an einer Wand wachsen die Waben mit von Kindern gemalten Bildern zum Thema zu einem "Kunst-Stock" zusammen.

Was zunächst etwas zusammengewürfelt klingt, hat System. Denn Richter holte vier Kunstwissenschaftlerinnen der Uni Düsseldorf ins Boot, die die Ausstellung in vier Segmente teilen: "Honigpumpe" mit Kuratorin Sarah Klomberg und Künstler Taka Kagitomi; "Wachs als künstlerisches Material" mit Elke Patt und Simi Larisch, Thomas Kessler und Birgit Bellmann; "Dalì Biting" mit Larissa Munter und Oldhaus (Biting stammt aus der Graffiti-Szene und bedeutet "ein Motiv klauen") und "Die Bienen der Familie Barberini" mit Helga Remmen und der Fotografin Veronika Peddinghaus. Dafür hat Richter Bilder aus einem Archiv in Florenz besorgt, von den vielen Bauten der Familie Barberini, die ihre Arbeiten stets mit drei Bienen gekennzeichnet haben. Remmen hat die Geschichte der Familie aufgearbeitet, Peddinghaus die Bienendetails fotografiert und zu einem Wandfries zusammenmontiert.

Eine Ausstellung, die wahrlich den Entdeckergeist im Besucher weckt, ihn gleichermaßen zum Schauen, Staunen und Lachen bringt. Ein unglaublich reichhaltiges Begleitprogramm mit Vorträgen, Workshops, Filmen und vielem mehr wird die zweimonatige Ausstellung in Bewegung halten.

(NGZ)
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