Interview "Bei Basta zu sein ist wie eine Ehe zu fünft"

Arndt Schmöle ist der Bass von "basta". Die A-cappella-Gruppe aus Köln hatte gerade ein umjubeltes Konzert im Rheinischen Landestheater in Neuss. Im Interview spricht Schmöle über Einsilbigkeit, verzwickte Choreographien und und wie Song-Ideen entstehen.

Interview: "Bei Basta zu sein ist wie eine Ehe zu fünft"
Foto: Axel Schultem

Du Bass! Sind Sie so einsilbig, wie das Lied vorgaukelt?
Arndt Schmöle: Nein, da spielen wir natürlich mit dem Klischee. Manche Bässe sind tatsächlich so: Ruhig und geerdet wie ein Bergmassiv. Und die großen, wortkargen Schweiger, nie mehr Worte als nötig. Aber nee, beim letzten Punkt bin ich persönlich doch schon deutlich anders.

Das sieht man auch auf den Social Media Kanälen, auf denen Basta unterwegs ist. Bei Facebook zum Beispiel sind Sie der Aktivste, der für die Gruppe spricht.
Schmöle: Ich betreue alles, genau. Ich mache die Posts und beantworte Anfragen unserer Fans. Homepage und digitale Kommunikation sind bei Basta meine Aufgaben. Gut so, denn erstens soll ja jeder immer das machen, was er am besten kann. Und zweitens gibt es bei uns ja auch noch viele andere Aufgaben, die zu erledigen sind.

Wer steht da für was in der Band? Bei Werner Adelmann könnte ich mir vorstellen, dass er Ihnen die Choreographien beibringt.
Schmöle: Genau. Werner ist ein Tänzer vor dem Herrn, wirklich, der kann sich fantastisch bewegen. Er hat ein gutes Auge dafür, ob etwas auf der Bühne gut aussieht oder nicht. Für das Einstudieren der "Freizeichen"-Show im September letzten Jahres sind wir für zwei Wochen nach Österreich gefahren, quasi in ein "Choreo-Bootcamp". Dahin dann allerdings sogar mit einem Choreographen, der uns ganz schön rangenommen hat. Das war anstrengend. Aber die Mühe hat sich gelohnt, weil wir die Show ja auch an dieser Stelle auf ein besseres Niveau bringen wollten. Daher haben wir uns über die neuen Einflüsse sehr gefreut. Und zu den anderen in der Gruppe: Hannes, unser Neuzugang ist stimmlich sehr vielseitig und kann auch noch fantastisch beatboxen. René kümmert sich bei uns um das Merchandise. Er schaut immer, dass genügend neue CDs und andere Artikel vorhanden sind, die nach der Show an unserem Merchandise-Stand verkauft werden. Und William kümmert sich um alles Musikalische und schreibt, textet und arrangiert auch zu einem Großteil unsere Songs.

Wie entstehen die Songs? Kommt William mit einem Sack neuer Lieder um die Ecke, schüttet ihn aus und sagt "Hier sind sie" oder entstehen sie doch irgendwie gemeinsam, indem Sie sich zwischendurch mal zum Brainstormen zurückziehen?
Schmöle: Teils, teils. Die überwiegende Mehrzahl der Songs entsteht tatsächlich dadurch, dass William, nachdem wir mal spielfrei hatten und er sich fünf Tage alleine auf eine Berghütte oder einen einsamen Landgasthof zurückgezogen hat, ankommt und sagt "Schaut mal, neue Songs sind fertig, was haltet ihr davon?". Dann wird geprüft und überlegt: "Haben diese Lieder den typischen Basta-Humor?" Da sind dann alle, William eingeschlossen, sehr kritisch. Manche Lieder passieren den Filter, bei anderen Stücken sagen wir uns "Okay, wird nochmal überarbeitet." Und es gibt auch Songs, die es nicht ins Programm oder auf eine CD schaffen.

Wie war das zum Beispiel bei "Nachkommen"? Das haben Sie ja mit William zusammen geschrieben. Haben Sie da ein bisschen Teekesselchen gespielt, und dabei kam dieser Song heraus?
Schmöle: Das Lied ist im Tour-Bus entstanden. Das Gespräch drehte sich um Rohstoffe auf unserer Erde. William meinte "Überleg' mal, unsere Nachkommen werden vielleicht gar nicht mehr genügend Vorkommen haben". Und ich sagte: "Dann hätte man ja auch rein finanziell gesehen vielleicht gar kein Auskommen mehr mit dem Einkommen". Und dann verselbständigte sich das so. Das mit dem Auskommen/Einkommen kam anfangs mal in einem Zwischenteil des Liedes vor, aber das haben wir dann wieder rausgenommen, weil es einfach zu viel wurde. Doch wir fanden das Sprachspiel lustig und dachten, so eine Nummer können wir auf dem neuen Album durchaus noch gebrauchen.

In dem Fall war der Text die erste Idee und die Musik kam hinterher. Ist das immer so?
Schmöle: Nicht immer. Wenn es gut läuft, kommen einem die Idee für Text und Melodie zusammen.

Beeindruckend im Basta-Repertoire sind die vielen unterschiedlichen Genres, die vorkommen. Sirtaki, Choral, Disco-Pop oder auch Comedian-Harmonists-Elemente, die immer besonders böse sind…
Schmöle: Ja, man muss ja auch Kontraste setzen. Und damit zu spielen, das lieben wir sehr. Dadurch, dass unsere Stimmen unsere Instrumente sind, sind wir frei. Wir sind nicht an ein spezielles Genre gebunden. Wenn wir Bock haben und es stimmlich glaubhaft darstellen können, könnten wir theoretisch alles machen. Und die Leute, die zu einem A-cappella-Konzert beziehungsweise zu uns kommen, sind dafür offen, das ist das Schöne. Ich hab immer das Gefühl, unsere Fans sind musikalisch genau so offen wie wir. Und diese Abwechslung schätzen die auch, dass innerhalb eines zweistündigen Konzertabends keine Langeweile aufkommt.

Der krasseste Kontrast ist vielleicht dieser Büro-Shanty "Cut, copy and paste": Langweiliges Büro-Leben zur aufwühlenden Seefahrer-Melodik. Wie reagiert die Band, wenn William mit so einer Idee kommt?
Schmöle: Es haben immer alle Lust, etwas zu wagen, etwas Neues auszuprobieren. Natürlich ist man manchmal etwas skeptisch, ob so wilde Paarungen funktionieren. Aber bei "Cut, copy and paste" waren alle gleich von Anfang an begeistert. Dass es dann am Ende zu einer Nummer werden würde, die das Finale unserer "Freizeichen"-Show wird und zu der wir sogar ein Video drehen, was bei Youtube sehr gut ankam, das hätten wir uns so zunächst auch nicht vorstellen können. Sogar prominente Kollegen haben gesagt, dass sie Lust hätten, beim Video mitzumachen. Klavierkabarettist Bodo Wartke zum Beispiel oder Hans-Joachim Heist, bekannt als Gernot Hassknecht aus der heute-Show.

Gibt es so eine Art Liste, welche Genres noch offen sind, was Sie noch machen wollen, noch was Ungewöhnlicheres als Shanty vielleicht?
Schmöle: Es gibt noch einige musikalische Genres, bei denen wir uns austoben können. Vielleicht mal was Asiatisches á la Peking-Oper. Oder etwas, dass an afrikanische Gesänge erinnert. Da werden wir in Zukunft auf jeden Fall noch fündig werden.

Das klingt so, als würden Sie noch lange nicht die Wise Guys machen und Abschied nehmen.
Schmöle: Nee, wollen wir noch nicht. Es ist halt so: Wenn du in einer Gruppe mit fünf Leuten arbeitest und 100 Konzerte im Jahr zusammen singst plus Proben, Pressetermine, Bürobesprechungen etc., dann ist das wie eine Ehe zu führen, aber zu fünft. Und zu zweit ist das ja manchmal schon anstrengend genug. Da kann es auch schon mal Ermüdungserscheinungen geben. In unserem Fall ist das Gottseidank nicht so, wir funktionieren gut zusammen. Aber auch nur deshalb, weil wir ab und zu mal den Reset-Knopf drücken und uns Freiräume schaffen, in denen wir zum Ausgleich selbstbestimmt unser Ding machen können. Und dann hat man überhaupt erst wieder die Zeit und die Möglichkeit, dass einem bewusst wird, wie großartig es ist, dass wir mit unserer Leidenschaft und dem, was uns Spaß macht, Geld verdienen dürfen. Und dass es auch anderen Freude macht.
Wir Bastas mögen und schätzen uns. Die Freude, die man bei uns und unter uns auf der Bühne sieht, ist nicht behauptet.

Was passiert in diesen Auszeiten, etwa in der anstehenden Sommerpause?
Schmöle: Da hat jeder auch mal Zeit, seinen eigenen Projekten nachzugehen. William hat zum Beispiel ein Solo-Programm, Hannes ist als Moderator und Kommentator bei einem Fernsehsender für Fußballspiele zuständig, ich habe eine Dozentur für Synchron-Schauspiel und Hörspielsprechen und spreche natürlich auch selber. Insofern haben wir alle auch noch andere Projekte, denen wir uns dann mal wieder zuwenden können. Nach der Sommerpause spielen wir die "Freizeichen"-Tour noch ein zweites Jahr. Und da William gesagt hat, er wolle über den Sommer an neuen Liedern schreiben, werden wir ab September in unseren Konzerten schon das eine oder andere neue Lied ausprobieren. Um zu schauen, wie das Publikum reagiert und ob die Songs gut ankommen. Denn das neue Programm für Herbst 2018 soll ja wieder ein Knaller werden."

Kerstin de Haas führte das Gespräch.

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