Neuss Bauhof verwahrt überfahrene Katzen

Neuss · Das Tiefbaumanagement lagert Tierkadaver in einer Tiefkühltruhe, während die "Neusser Katzensuche" die Eigentümer ermittelt.

 Freigänger wie Kater Kalli leben mitunter gefährlich. Vor allem während der Frühlings- und Sommermonate steigt die Quote der Verkehrsunfälle mit Katzen.

Freigänger wie Kater Kalli leben mitunter gefährlich. Vor allem während der Frühlings- und Sommermonate steigt die Quote der Verkehrsunfälle mit Katzen.

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"Es gibt nichts Schlimmeres als Ungewissheit", sagt Melanie Gerretz, die ihren Kater Filou seit September 2009 vermisst, "selbst die Nachricht vom Tod der Katze ist besser zu verkraften als gar nichts über ihr Schicksal zu erfahren." Seit dem Verlust ihres Haustiers ist die heute 45-Jährige bei der "Neusser Katzensuche" aktiv und weiß: "Die meisten Katzenbesitzer sind dankbar für die Möglichkeit, ihr Tier wenigstens im eigenen Garten bestatten zu können."

Dass diese Chance in Neuss größer ist als anderswo, liegt am Tiefbaumanagement Neuss. Das übernimmt im Neusser Stadtgebiet für den Rhein-Kreis Neuss die Aufgabe, Tierkadaver aus dem öffentlichen Raum zu entfernen. "Etwa alle zwei Wochen erhalten wir eine Mitteilung über eine überfahrene Katze", berichtet Alois Bayerschen, Abteilungsleiter Straßen- und Gewässerunterhaltung. Auch andere tote Kleintiere wie Kaninchen, Tauben oder Ratten, selten ein Fuchs oder ein Hund, werden von Anwohnern oder Passanten der Polizei oder der Feuerwehr gemeldet und müssen dann von Mitarbeitern des Tiefbaumanagements in Schutzanzügen eingesammelt werden. Vor allem im Hochsommer, wenn der Verwesungsprozess rasch einsetzt, ist das keine angenehme Tätigkeit, wie der stellvertretende Straßenmeister Jens Müller versichert. "Das ist oft kein schöner Anblick", bestätigt er, zumal viele der Mitarbeiter selbst Tiere halten. "Das geht einem auch emotional sehr nahe", ergänzt Hundebesitzer Alois Bayerschen.

 Die Tiefkühltruhe auf dem städtischen Bauhof verschafft den Ehrenamtlichen der "Neusser Katzensuche" Zeit, die Halter der toten Tiere zu ermitteln.

Die Tiefkühltruhe auf dem städtischen Bauhof verschafft den Ehrenamtlichen der "Neusser Katzensuche" Zeit, die Halter der toten Tiere zu ermitteln.

Foto: L. Berns

Aber die Arbeit muss getan werden, sind die toten Tiere doch eine Gefahr für die Gesundheit. Präzise wird vermerkt, wann und wo das verendete Tier abgeholt wurde. Der Kadaver selbst wird in einem beschrifteten blauen Plastikbeutel bei minus 19 Grad in einer handelsüblichen Tiefkühltruhe auf dem Bauhof an der Moselstraße aufbewahrt - bis im besten Fall der Halter ermittelt wurde und die sterblichen Überreste seines einstigen Hausgenossen in Empfang nimmt. Oder die Kühltruhe geleert werden muss. "Etwa zwei- bis dreimal im Jahr müssen wir einen Tierkörper-Verwerter benachrichtigen, der die Tiere abholt", sagt Bayerschen bedauernd

Tote Katzen in einer Tiefkühltruhe - eine unerträgliche Vorstellung für Tierfreundin Melanie Gerretz? "Inzwischen gar nicht mehr so", sagt sie. Nach ihren Informationen ist die Stadt Neuss die einzige Kommune im Rhein-Kreis Neuss, die eine solche Einrichtung vorhält. "Im Grunde verschafft uns das Tiefbaumanagement dadurch mehr Zeit für unsere Recherche nach den Besitzern." Mit einem "Notfallköfferchen" - darin enthalten: Tüten, Schreibzeug, Handschuhe, Desinfektionsmittel, Fotoapparat und ein Chiplesegerät - machen sich Gerretz und ihre Mitstreiterin Gloria Quack auf den Weg, um die Katze zu untersuchen. "Ist die Katze tätowiert oder gechipt, ist die Suche einfach. Vorausgesetzt, der Chip wurde in einem deutschen Haustierregister verzeichnet, und die Daten zum Halter sind aktuell", erklärt Gerretz die Vorgehensweise. Ist das trotz der inzwischen geltenden Kennzeichnungspflicht für Katzen nicht der Fall, wird's aufwändig: Manchmal gelingt es den Neusser Katzenfreunden, den Halter über den Weg vom Chip-Hersteller über den Lieferanten bis zu Tierarztpraxen oder Tierheime zu ermitteln. Oft allerdings auch nicht. Dann ist eine Meldung auf der Homepage der 2006 gegründeten Ehrenamtler-Initiative eine, manchmal die letzte Möglichkeit.

In den warmen Monaten, wenn die Tiere sich verstärkt im Freien aufhalten, steigt die Quote von Verkehrsunfällen mit Katzen. "Im Frühling, während der Rolligkeit, haben wir beinahe täglich eine Totmeldung", zieht Melanie Gerretz Bilanz. Sie hat ein neues privates (Katzen-)Glück gefunden. Fundkater Kalli hat bei ihr nun ein Zuhause.

(NGZ)
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