Neuss Bauherr ohne Baugenehmigung

Neuss · Martin Neumann war schon immer ein Tüftler und Tierfreund. Seit einigen Jahren baut er Nistkästen. 60 Stück hängen schon in und rund um Uedesheim. Noch mal 50 stehen in seinem Garten, die er im Herbst an Bäumen anbringen will.

 50 Nistkästen hat Martin Neumann in diesem Sommer gebaut, aus ausrangierten Bodendielen. Im Moment hängen sie noch in Neumanns Garten, im Herbst will er die Häuschen im Stadtgebiet verteilen.

50 Nistkästen hat Martin Neumann in diesem Sommer gebaut, aus ausrangierten Bodendielen. Im Moment hängen sie noch in Neumanns Garten, im Herbst will er die Häuschen im Stadtgebiet verteilen.

Foto: Andreas Woitschützke

Ein bisschen mulmig ist Ingrid Neumann schon, wenn ihr Mann mit der Leiter und seinem Werkzeug und den Aufzeichnungen loszieht, um seine Nistkästen zu säubern. 60 Stück hängen inzwischen in und rund um Uedesheim, vor sechs Jahren hat Martin Neumann angefangen, die kleinen Häuschen zu bauen. "Ich mag Vögel, überhaupt Tiere", sagt der 77-Jährige, der mit seinen Nistkästen einen Beitrag zum Naturschutz leisten will.

Die ersten Nistkästen baute Martin Neumann aus Pressholz. Ein richtiges Dach hatten sie damals nicht. "Das Material hält nicht sehr lange, nach drei Jahren haben die Kästen ausgedient", sagt er. Mit der Zeit sind die Kästen besser geworden. Besonders stolz ist der 77-Jährige auf die diesjährige Produktion, bei der 50 Nistkästen entstanden sind. "Aus Massivholz", sagt er. Zufällig habe Neumann in Grimlinghausen jemanden gesehen, der Bodendielen wegschmeißen wollte. "Da habe ich gefragt, ob ich die mitnehmen kann." Schrauben, Leim und Lasur kaufte er dazu und baute einen Prototypen, eine Schablone sozusagen, mit der er sämtliche Teile zurechtschnitt, "wie in der Fabrik", erzählt er. Damit es nicht reinregnet, haben die Häuschen eine gute Dachpappe bekommen, und sie sind zweimal gestrichen worden. Eine ganze Woche hat Martin Neumann daran gesessen, manchmal musste seine Frau Ingrid ihn ans Essen erinnern.

Die Nistkästen sollten nicht zu klein sein, weiß Neumann. "13 mal 13 Zentimeter für den Boden sind ein gutes Maß", sagt er. Aber die Vögel - Meisen und Rotkehlchen - würden nicht nachmessen, sollte doch mal der eine oder andere Kasten von der Vorlage abweichen, "beschwert hat sich jedenfalls noch keiner." Ganz im Gegenteil: Immer im Herbst macht Martin Neumann seine große Tour, um die Kästen zu säubern und die alten Nester zu entsorgen. Da hat er festgestellt, dass die Auslastung zwischen 90 und 95 Prozent liege. Und manchmal würden sogar andere Tiere als Vögel einziehen. "Im letzten Jahr guckten mich plötzlich zwei Mäuse an", sagt der Rentner. "Keine Feldmäuse, sondern schöne, mit großen Augen." Ein anderes Nest wurde von einem Schwarm Hornissen bevölkert, "die stehen unter Naturschutz." Irgendwann sei das Hornissen-Nest weg gewesen, "wahrscheinlich hat jemand mit einem Stock reingestochert", sagt der Tüftler und Tierfreund. Schützen will Martin Neumann die Tiere, nicht in Gefahr bringen. Deswegen hängen die Häuschen in vier Metern Höhe, ein bisschen versteckt hinter einem Ast oder Blättern. Das ist auch der Grund, warum Ingrid Neumann mulmig wird. Die Kästen müssen schließlich irgendwie da hoch kommen. Eine Baugenehmigung hat Martin Neumann übrigens nicht für die Häuschen, aber bei der Stadt nachgefragt hat er, als er mit dem Projekt begann. "Die freuen sich, dass ich das mache, so wie der NABU auch", sagt Neumann.

Wenn die letzten Nester verwaist sind, irgendwann im Herbst, zieht Martin Neumann wieder los, um die 50 neu gebauten Häuschen zu verteilen und ausgediente eventuell auszutauschen. Danach soll Schluss sein, "100 Nistkästen reichen", sagt Ingrid Neumann. Weil ihr Mann noch genug zu tun haben wird mit der Wartung der Kästen, und er sicher ganz schnell ein neues Hobby finden wird. "In einen Schützen- oder Kegelverein will ich aber nicht eintreten", sagt Martin Neumann. Lieber reist er, und als Erinnerung bringt er Autokennzeichen von den Urlaubsorten mit - Australien, Hawaii, Malaysia sind schon in der Sammlung, die er in seiner Garage an eine Wand gepinnt hat. Und im eigenen Garten ist auch immer genug zu tun, mit dem Wein und dem Wildbienenhaus und Schildkröte Carolin.

(NGZ)
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