Neuss Barocke Tänze effektvoll gemeistert

Neuss · Das Neusser Kammerorchester widmete sich einem selten zu hörenden Werk von Rameau.

 Das Neusser Kammerorchester (NKO) unter Joachim Neugart (r. ) i, Foyer "seines" Konzertsaals, dem Zeughaus.

Das Neusser Kammerorchester (NKO) unter Joachim Neugart (r. ) i, Foyer "seines" Konzertsaals, dem Zeughaus.

Foto: NKO

Zum Beginn des Frühjahrskonzertes des Neusser Kammerorchesters (NKO) im Zeughaus ehrten die Musiker zunächst ihren Gründervater. Professor Wilhelm Schepping hatte das NKO 1957 gegründet, um einheimische Instrumentalisten intensiv zu fördern. Michael Köhne, Musikpädagoge am Erzbischöflichen Gymnasium Marienberg und neuer Vorsitzender der Freunde und Förderer des Neusser Kammerorchesters, würdigte die Verdienste seines auch in diesem Gremium langjährigen Vorgängers und verlieh ihm die Ehrenmitgliedschaft.

Dazu passte geradezu die Ouvertüre "Imellem Fjeldene" (Zwischen den Bergen) des dänischen Komponisten Niels W. Gade, die in feierlichem Andante beginnt. Erst im beschwingten Allegro trumpft das Orchester mit zahlreichen Bläsern, darunter auch je zwei Hörnern und Trompeten, voll auf.

Dieser Teil beinhaltet auch das nordische Volkslied "Hat jemand meine Frau gesehen?", also ein aufgeregtes und prächtig gespieltes "Molto vivace".

Die umfangreiche barocke Suite orchestrale aus der heroischen Oper "Naïs" von Jean-Philippe Rameau war das hochinteressante, weil selten aufgeführte Hauptwerk des Abends. Es war in dieser Zeit üblich, die Instrumentalsätze der Opern zu einer Suite zusammenzustellen. Zu Unrecht geriet Rameau, der "französische Bach", fast 200 Jahre in Vergessenheit. Dabei waren seine Kompositionen fast so bedeutend wie die seines deutschen Zeitgenossen, harmonisch sogar revolutionärer. Sein letztes Werk "Les Boréades" wurde erst 1982, mehr als 200 Jahre nach seinem Tod, uraufgeführt.

Das NKO spielte dankenswerter Weise einen Satz als Zugabe daraus. Die schwierigen Effekte der vielen barocken Tänze in der Suite beherrschte das Orchester unter der zupackenden Leitung von Joachim Neugart perfekt und gestaltete sie zu einem klangsinnlichen Fest.

Und doch: Für französischen Barock war das Orchester zu massiv besetzt. Erstmals gar mit zwei Kontrabässen. Das hatte aber eine Vorgeschichte: Bei einer NKO-Konzertreise auf die italienische Insel Sardinien im vergangenen Jahr musste sich Jurek Sobis einen Kontrabass leihen. Dessen sardischer Besitzer Antonio Papa war vom NKO so begeistert, dass er einmal mitspielen wollte. Also reiste er jetzt zum Frühjahrskonzert an.

Die große Besetzung behielt aber klare und durchsichtige Interpretationskunst bei der "Sinfonie Nr. 1 C-Dur" von Ludwig van Beethoven. Ein wenig temperamentvoll die Pauke im 3. Satz, sie nahm aber den Schwung eines prächtig aufgelegten Orchesters im gewaltigen Tutti-Finale vollständig auf.

(hbm)
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