Neuss Auf Spurensuche in der Stadtgeschichte

Neuss · Hans Welter ist einer von zehn Kaarstern, die gemeinsam die Vergangenheit der Stadt erforschen.

 Hans Welter (76) ist Kaarster in fünfter Generation. Derzeit beschäftigt er sich mit dem Thema Straßennamen.

Hans Welter (76) ist Kaarster in fünfter Generation. Derzeit beschäftigt er sich mit dem Thema Straßennamen.

Foto: Lothar Berns

Hans Welter (76) ist sich sicher, dass das ganze Leben aus Kleinigkeiten besteht. Und dass alles Hand und Fuß haben muss. Das sind auch die Leitsätze für seine Beschäftigung mit der Kaarster Stadtgeschichte, für deren Erforschung er als "Zuträger", wie er selbst sagt, viele Dinge sammelt, die alle gründlich recherchiert werden müssen. Der gebürtige Kaarster in fünfter Generation ist geradezu prädestiniert für diese Aufgabe.

"Seit 2007 gehöre ich zu einem Team von zehn Leuten aus allen Kaarster Ortsteilen, das sich jeden Montag von 14 bis 18 Uhr im Rathaus trifft", erzählt der frühere Elektriker und Betriebsleiter. Den Anstoß gab ein Aufruf der Stadt, als zur Erstellung der "Stadtgeschichte in Bildern" ortsansässige Leute mit vielen Erinnerungen und Erinnerungsstücken gesucht wurden. "Am Anfang ist mir die Mitarbeit etwas schwer gefallen, weil ich nicht so gerne im Mittelpunkt stehe", erinnert sich der Senior. Mittlerweile möchte er die wöchentlichen Treffen aber nicht mehr missen. "Wir unterhalten uns, helfen uns gegenseitig", erzählt er. Derzeit ist das Thema Straßennamen vorherrschend: Was waren die ersten Namen, woher kommen sie, weshalb wurden sie verwendet und welche Veränderungen ergaben sich durch die kommunale Neugliederung 1975? Auf der Suche nach Antworten nutzt Welter seinen großen Freundes- und Bekanntenkreis und besucht diese Menschen zu Hause. "Internet und Handy habe ich nicht. Ich setze lieber auf persönlichen Austausch von Angesicht zu Angesicht und auf Treffpunkte wie zum Beispiel den Friedhof", erklärt er. Außerdem unterstützt Welter einen Arbeitskreis, der die Namen aller im Ersten und Zweiten Weltkrieg gefallenen, vermissten und zivilen Opfer aus Kaarst sammelt. Die Mitarbeit der ehrenamtlichen Helfer im Stadtarchiv hätte jedoch 20 Jahre eher beginnen müssen. Viele Zeitzeugen seien bereits gestorben.

Nutzen aus moderner Technik zieht er gern, wenn er alte Fotos oder Dokumente im Stadtarchiv abgibt und nach dem Scannen die Originale zurück erhält. Manche Sachen lässt er auch im Archiv. "Dort sind sie einfach sicher", sagt er. Sein Langzeitgedächtnis kommt ihm bei seiner Tätigkeit zu gute. "Mein Urgroßvater und mein Großvater waren beide Polizist in Kaarst, mein Großvater zudem Totengräber", erinnert er sich. Da hat er als Kind miterlebt, wie die Angehörigen bei einem Todesfall den Großvater aufsuchten und dieser nachschaute, wo es noch einen freien Platz auf dem Friedhof gab. Welter, Vater einer Tochter und Großvater von drei Enkeln, hütet seine gesammelten Sachen wie einen Schatz. Im Ferienhaus in der Eifel hängen über 100 alte Fotos: "Hoffentlich geht später nicht alles verloren."

(keld)
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