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Neuss Auf dem Motorrad durch Norwegen und Russland

Neuss · Stanislav Kolaberdin legte in zwölf Tagen rund 6000 Kilometer auf dem Motorrad zurück - durch Eis und Schnee über miserable Straßen.

Warum das Nordkap? Stanislav Kolaberdin weiß keine rechte Antwort. Warum das Nordkap im Mai? "Wenn ich mich vorher gründlicher über die Wetterverhältnisse in Nordnorwegen zu dieser Jahreszeit informiert hätte, wäre ich nicht gefahren", sagt der Neusser Bankkaufmann (27). "Ich hatte im Mai Urlaub, wollte nicht in den Süden, also der Norden."

Gesperrte Straßen, winterliche Temperaturen und Schneefall in den Bergen - nein, für Nordnorwegen ist der Mai nicht die optimale Reisezeit. Schon gar nicht für einen Motorradfahrer, der bis dahin nur 4000 Kilometer bei 20 Grad auf nordrhein-westfälischen Autobahnen zurückgelegt hat - im Jahr. "Ich war total blauäugig und habe mich verschätzt", räumt Kolaberdin ein. "Aber es war wunderschön, weil ich die Natur für mich allein hatte." Stundenlang begegnete ihm auf der Fahrt mit seiner Yamaha MT 07 durch überwältigende Landschaften kein Mensch. Eindrücke, die für schmerzende Füße und durchgefrorene Glieder entschädigten.

Unvorhergesehenes passierte genug: Campingplätze waren geschlossen, Hütten nicht frei, die E 6 - die einzige Verbindung in den hohen Norden - zwischenzeitlich wegen Unfall und Schneefall geschlossen. Angesichts der fahrerischen Herausforderung auf vereisten Straßenabschnitten hätte Kolaberdin dann noch beinahe den Polarkreis verpasst. Zelt, Campingkocher, Isomatte und Schlafsack - die Ausrüstung kam nicht ein Mal zum Einsatz, weil es bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt zum Campen zu kalt war.

Das Nordkap, der Pilgerort für viele Motorradfahrer schlechthin, war nur Zwischenstopp auf einer Reise, die ins touristisch nahezu unerschlossene Karelien im russisch-finnischen Grenzgebiet führte. "Eine Zeitreise in eine andere Welt gleich vor der Haustür", sagt Stanislav Kolaberdin. "Der Zustand der grauen Städte ist kaum zu beschreiben. Aber die Menschen sind ungeheuer hilfsbereit, neugierig und Fremden gegenüber aufgeschlossen." Überall hätten die Menschen nicht glauben wollen, dass einer aus dem fernen Deutschland ausgerechnet bis in ihre Gegend fährt.

"Ich habe überhaupt keine Verbindung zu Karelien", erklärt der 27-Jährige, der 1995 mit seiner Familie aus Zentralrussland nach Deutschland kam und fließend Russisch spricht. "Es hat mich gereizt, weil sonst niemand hinfährt." Regelrechte Angst habe er nur einmal empfunden: als er rund 40 Kilometer vor der Stadt Murmansk, und damit der einzigen Gelegenheit zu tanken weit und breit, in der Einöde stehenzubleiben drohte. Zwei Polizisten eskortierten ihn schließlich zu einer Kaserne, wo der Deutsche mit Benzin versorgt wurde.

Kareliens Hauptstadt Petrozavosdk erschien ihm voller Gegensätze, St. Petersburg groß, gewaltig und sehr modern. Schließlich ging es zurück, die Fähre von Helsinki brauchte 27 Stunden bis Travemünde. "In diesen zwölf Tagen habe ich mich gut kennengelernt und bin sogar noch etwas ruhiger geworden", sagt er und ist überzeugt: "Man muss sich selbst schon mögen, um zwei Wochen mit sich allein klarzukommen." Das Ziel der nächsten Tour steht bereits fest: die Mongolei. Aber wohl erst 2017, weil Kolaberdin demnächst Vater wird.

(NGZ)
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