Neuss Architekt betankt Auto mit Strom vom Hausdach

Neuss · Neusser treibt die Energiewende auf seine Art an. Er macht sich von einer Versorgung aus der Steckdose unabhängig.

 Wenn Ingo Tintemann Auto fährt, kostet das fast nichts. Sein Treibstoff kommt vom Dach. Foto: woi

Wenn Ingo Tintemann Auto fährt, kostet das fast nichts. Sein Treibstoff kommt vom Dach. Foto: woi

Foto: Woitschützke Andreas

Offenkundig ist die dezentrale Energiewende doch der Renner. Voll im Trend liegt damit Energiegewinner eG, eine Kölner Genossenschaft, die jüngst ihr 500. Mitglied begrüßen konnte: Ingo Tintemann.

Dieser Neusser Architekt ist Tüftler und zupackender Akteur zugleich, hat er doch bereits seit 1992 Erfahrungen mit der Photovoltaik auf seinem Haus gesammelt. Wärmedämmung und Wärmepumpe waren ohnehin Pflicht. Aber mit der partiellen Selbstversorgung rund ums Haus will der Pionier sich nicht begnügen, denn er startet gerade durch. Kurzerhand schließt er den Selbstversorgerkreis mit der zukunftsträchtigen Elektro-Mobilität.

Ramon Kempt vom Energiegewinner-Vorstand lobt den umweltbewussten Investor: "Ingo Tintemann hat mit der E-Mobilität inklusive das richtige Paket geschnürt." Jetzt sei er mit "all in" beinahe komplett unabhängig von der Versorgung aus der Steckdose und könne gegen Entgelt ins öffentliche Netz einspeisen. Das schafft die eigene Photovoltaik-Anlage auf dem Garagendach von Tintemanns Wohn- und Bürohaus. Der ins Gesamtkonzept integrierte Speicher sorgt dafür, dass der eigenproduzierte Strom bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden kann.

Der Clou ist freilich die E-Mobilität, also das Autofahren mit Strom. Dafür sei die Zeit längst reif, meint Kay Voßhenrich, Mitglied des Vorstands der Energiegewinner eG. Die Diskussionsrunde bei Tintemann spielt die Win-win-Situation für alle Beteiligten weiter durch. Projektmanager Christoph Hartung ist auch mit dabei, ebenso wie Sven Holowath, Verkaufsberater bei Volkswagen-Moll. Unisono verweisen sie auf die imponierende Initiative Tintemanns.

Die öffentlichen Rahmenbedingungen sind noch erheblich verbesserungsbedürftig. So ist die Umlage des Erneuerbare Energie-Gesetzes (EEG) noch viel zu kompliziert und allenfalls ein Deckmantel für den Verbraucherschutz. "Das klare Bekenntnis für den weiteren Ausbau der Elektro-Mobilität fehlt", wird Ramon Kempt deutlich. Das erkläre auch die zögerliche Haltung vieler potenzieller Kunden, für die ein elektrisch angetriebenes Fahrzeug maßgeschneidert wäre. Ingo Tintemann ist noch ein Exot. Ihn treibt es, etwas Neues zu planen und es dann auch zügig umzusetzen. Noch fehlen bundesweit die nötigen Ladestellen für alle. Tintemann ist dagegen in der komfortablen Lage, dass er gleich am eigenen Haus Strom "tanken" kann.

"Wenn photovoltaisch betriebene Stromgewinnung, warum nicht jetzt?", fragt er entwaffnend und voll davon überzeugt, das Richtige zu tun. Auf dem Markt fänden sich günstige Speicherkonzepte, und die Automobilindustrie spielt kräftig mit. Aus der durch Politik und Energieversorgern verbockten Energiewende, das kann er sich nicht verkneifen, könne immer noch etwas Gescheites werden. Sein Modell könnte Breite gewinnen.

(NGZ)
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