Neuss Archäologen stoßen an St. Quirin auf Reste eines "Kalvarienberges"

Neuss · Ein tonnenschwerer Findling, der unmittelbar vor dem Schützenportal an der Südseite des Quirinusmünster im Boden lag, beschäftigte jetzt das Landesamt für Denkmalpflege. Erhaltenswert schien der Brocken nach eingehender Begutachtung nicht, weshalb er der Baufirma, die derzeit den westlichen Teil des Freithof umgestaltet, zur Verwendung beziehungsweise Entsorgung überlassen wurde. Doch Fragen blieben offen. Auf einige deutet sich nun eine Antwort an.

 Am Langhaus des Quirinusmünsters ist der "Kalvarienberg" zu erkennen.

Am Langhaus des Quirinusmünsters ist der "Kalvarienberg" zu erkennen.

Foto: Stadt Neuss

Ungeklärt ist nach wie vor, woher der Felsblock aus Quarzitgestein ursprünglich stammte. Fest stand allerdings früh, dass er von Menschenhand zum Quirinusmünster gebracht worden war. Aber, wozu? Beim Betrachten von historischen Abbildungen von St. Quirin offenbarte sich Karin Striewe und Hermann Loosen von der Abteilung Bodendenkmalpflege im Amt für Stadtplanung der Stadt Neuss eine sehr naheliegende Erklärung: An der Südseite von St. Quirin befand sich über lange Zeit eine Kreuzesgruppe über einer Ansammlung von Felsbrocken, ein sogenannter Kalvarienberg.

Kalvarienberge bilden in unterschiedlichen Dimensionen die Kreuzigungstätte Christi nach und sind oft Stationen von Kreuzwegen und Prozessionen. Nördlich der Alpen erlangten sie im Barock große Bedeutung. Eine kurze Recherche zu St. Quirin ergab, dass dort schon im Jahr 1887 ein Kalvarienberg bestand, wie Julius Effmann in einer Abhandlung aus dem Jahr 1890 darlegte. Dieser war, wie eine Veröffentlichung von Walter Bader aus dem Jahr 1955 belegt, mindestens noch 1950 erhalten.

Der "Berg" wurde abgetragen, der offenbar schwerste Brocken aber blieb vor Ort, wo er in geringer Tiefe offenbar verscharrt wurde. Seine Bergung erweis sich als Problem. Erst musste an beiden Seiten mit dem Presslufthammer so viel abgetrennt werden, dass der Brocken mit dem Radlader überhaupt zu greifen war. Danach wurde er mit Seilen am Ausleger eines Baggers befestigt - und erwies sich beim Anheben als so schwer, dass die Bereifung eher einem "Plattfuß" glich, wie es der Baustellenleiter beschreibt. So wurde er zum alten Münsterschulareal transportiert - und dort zerstückelt.

(-nau)
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