Neuss Anaïs Muschter - die neunjährige Autorin der Geschichte

Neuss · Warum die Neusser Grundschülerin eine Geschichte über Flüchtlinge schreibt und sich fast wie eine Erwachsene ausdrückt.

 Anaïs Muschter (9) mit ihrem Manuskript der Geschichte "Hoffnung". Das Mädchen ist Schülerin der St.-Hubertus-Grundschule.

Anaïs Muschter (9) mit ihrem Manuskript der Geschichte "Hoffnung". Das Mädchen ist Schülerin der St.-Hubertus-Grundschule.

Foto: Woi

Als die neunjährige Anaïs in den Nachrichten immer öfter von Flüchtlingen auf dem Meer hörte, konnte sie nicht mehr anders. Sie musste drüber schreiben. "Weil das ein aktuelles Thema ist", sagt das Neusser Mädchen und breitet vor sich vier Seiten Papier aus. Darüber steht "Hoffnung", so hat sie ihre Geschichte über die Flucht eines Mädchens über das Mittelmeer Richtung Europa genannt, erzählt aus der Sicht der Puppe des Mädchens. Geschrieben hat sie ihre Geschichte bereits im Sommer. "Ich möchte damit bezwecken, dass die Leute sich Gedanken darüber machen, was mit den Menschen passiert ist, wenn sie hier ankommen", sagt sie mit kindlicher Stimme, ohne dabei altklug daherzukommen.

Wer ihre Geschichte liest, dem könnte der Verdacht kommen, dass ein derartig ausgeklügeltes literarisches Konstrukt nur schwer der Fantasie einer Viertklässlerin entspringen kann. Wer Anaïs aber reden hört und die Kommentare der Deutschlehrerin im Klassenarbeitsheft liest, kann seine Zweifel vergessen. Die Schülerin der St.-Hubertus-Grundschule in Reuschenberg weiß sich gewählter auszudrücken als mancher Erwachsene. Über ihren Schreibstil sagt sie: "Ich neige manchmal dazu, etwas zu ausführlich zu sein."

Anaïs ist ein erstaunliches Sprach- und Schreibtalent, das auch schon einen Wettbewerb des Rhein-Kreises erfolgreich bestritten hat. Sie hat den Wettbewerb "Schreibtalente" des Meerbuscher Kulturkreises mit sieben Jahren als jüngste Teilnehmerin gewonnen. Und den Vorlesewettbewerb der Stadtbibliothek hat sie 2014 für sich entschieden, saß in diesem Jahr in der Jury. Und das alles, kurz nachdem sie in der ersten Klasse begann, Geschichten aufzuschreiben, die sie interessieren. Derzeit ist sie auf der Internetseite des Rhein-Kreises im Weihnachtskalender zu hören, dafür hat sie die Geschichte mit dem Titel "Die Versuchung" gelesen. "Lesen und Zuhören ist mir sehr wichtig. Ich höre gerne Hörbücher von Agatha Christie und Joanne K. Rowling, weil man dabei noch gut andere Sachen erledigen kann", sagt sie. Bücher und Comics sind ihr sehr wichtig. "Aber nicht so Mädchensachen", betont sie.

An der Geschichte des Flüchtlingskindes Amal und ihrer Puppe Amina saß sie eine Woche. Mit der Hand hat sie alles in ihr Heft geschrieben, immer wieder an einzelnen Passagen gefeilt, Dinge durchgestrichen und neu aufgeschrieben. Auf den Einstieg, sagt sie, sei sie besonders stolz. "Okay, da hat die Kreativität total durchgegriffen. Mama hat noch mal redigiert und formatiert", sagt Anaïs. Eigentlich wollte sie damit an einem Wettbewerb für Geschichtenschreiber der Berliner Festspiele teilnehmen. Nur ist sie dafür schlicht zu jung.

Trotz ihrer sprachlichen Begabung will sie später nicht unbedingt als Autorin arbeiten. "Nur als Hobby-Schriftstellerin oder so", sagt sie. Noch ein bisschen interessanter findet sie den Beruf des Zahnarztes. Oder des Archäologen. Darüber hat sie schon viel im Fernsehen gesehen. Auf ihrem Lieblingssender. ZDF Info.

(NGZ)
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