Neuss Als Schauspieler auch sein bester Vorleser

Neuss · Der Schweizer Daniel Mezger stellte in der Stadtbibliothek seinen Debütroman vor und begeisterte dabei mit der Präsentation.

 Daniel Mezger ist in den Schweizer Bergen aufgewachsen und lebt heute in Zürich. Er kennt also sowohl das Dorf- wie auch das Stadtleben.

Daniel Mezger ist in den Schweizer Bergen aufgewachsen und lebt heute in Zürich. Er kennt also sowohl das Dorf- wie auch das Stadtleben.

Foto: Woi

Kann man Menschen bei schwül-heißem Wetter für Literatur begeistern? Daniel Mezger hat kein Problem damit. Im Rahmen des Literarischen Sommers las er aus seinem Debütroman "Land spielen". In der angenehm klimatisierten Stadtbibliothek sollte diese gut besuchte Lesung für alle zu einem Erlebnis werden.

Der 37-Jährige geht die Sache total entspannt an. "Ich bin sehr überrascht, wie hübsch diese Stadt doch ist", sagt er im Gespräch mit dem Leiter der Stadtbibliothek, Alwin Müller-Jerina. Und er hofft, nach der Lesung noch die Intendantin des Rheinischen Landestheaters, Bettina Jahnke, auf ein Bier zu treffen. Er kennt die Regisseurin von der gemeinsamen Arbeit an einer Theaterinszenierung - Daniel Mezger ist auch Schauspieler.

Davon profitiert auch das Publikum in der Bibliothek. Mezger, der eine Schauspielausbildung absolviert hat und immer noch als Schauspieler arbeitet, macht die Lesung zum Genuss. Dabei ist er gar nicht erst auf den Idee gekommen, im Sessel sitzen zu bleiben und sich etwas in den Dreitagebart zu nuscheln. Er steht, während er liest. Und alles, was er sagt, betont er mit seiner Körpersprache, mit seinem freien Arm. Man könnte ihm stundenlang zuhören.

Dabei quält er das Publikum zugleich auch ein bisschen: In seinem Debütroman "Land spielen" räumt er mit der weit verbreiteten Meinung auf, auf dem Land gehe es immer sehr harmonisch zu. Es geht im Kern um den Versuch, Konflikte durch Ortswechsel zu lösen. Der Titel "Land spielen" bringt bereits zum Ausdruck, dass die Neubürger in dem kleinen Dorf nicht authentisch sind. Besonders berührend ist die Szene, in der Vera und Moritz die Dorfkneipe aufsuchen in der Hoffnung, dort Anschluss zu finden.

Der Schweizer Autor, der in einem engen Tal aufgewachsen ist, jetzt in Zürich lebt und der keinerlei Schweizer Dialekt spricht, macht auf sehr plastische Weise deutlich, wie sehr sie dabei scheitern, abblitzen bei Menschen, die spüren, dass die Fremden nicht aus demselben Holz geschnitzt sind. Das hört sich dann zum Beispiel so an: "Wenn gelacht wird, dann nur über die eigenen Witze.... Keiner klopft einem Fremdling auf die Schulter." Hinzu kommt eine Kleinkariertheit, die beschämend ist.

Mezger hat aber nicht die Absicht, Menschen in kleinen Dörfern zu diffamieren, möchte nicht in erster Linie die klischeehafte Heimattümelei ins Visier nehmen. Ihm geht es unter anderem um den Umgang mit der eigenen Freiheit, um Lebensentwürfe, um das Handeln als Team. Letzteres zeigt sich darin, dass die Familie aus der Wir-Perspektive spricht. Dass dieses Team zerbrechen kann, zeigt die von Mezger gelesene kurze Passage über die Annäherung Moritz' und der Frau des Dorflehrers, die bei ihren Partner die Alarmglocken läuten lässt.

Im Plauderton verrät Mezger, wie er beim Schreiben vorgeht und was er derzeit so tut: "Spezielles Wissen, beispielsweise wie ein Hasenstall gebaut wird, entnehme ich You tube." Wie der Sommer auf dem Land schmeckt, wisse er aus eigener Erfahrung. "Das Buch hat vom Setting her was Autobiografisches, die Handlung ist aber komplett erfunden." Der nächste Roman ist bereits so gut wie fertig. Für "Land spielen", so sagt er, gebe es schon einen Interessenten, der es verfilmen möchte.

(NGZ)
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