Neuss Abschied von der Ganztagshauptschule

Neuss · Das dreigliedrige Schulsystem in Neuss stirbt. Von sechs Schulen, die bis 2018 auslaufen, schließt zuerst die Hauptschule Weißenberg.

 "Gezwungen ausgelöscht": Mit dem Spaten vom Baubeginn beerdigt Rektor Reinhard Hauke 35 Jahre später symbolisch die Hauptschule Weißenberg.

"Gezwungen ausgelöscht": Mit dem Spaten vom Baubeginn beerdigt Rektor Reinhard Hauke 35 Jahre später symbolisch die Hauptschule Weißenberg.

Foto: woi

Reinhard Hauke hat den Spaten aufbewahrt, mit dem der Bau der neuen Ganztagsschule Weißenberg begonnen wurde. Jetzt braucht er das Werkzeug genauso symbolisch: "Ich habe die Schule 1981 mitgegründet, war 16 Jahre lang ihr Rektor - und jetzt beerdige ich sie." Am 24. Juni entlässt er die letzten 32 Jugendlichen seiner Schule, deren Ende der Rat im Jahr 2010 beschlossen hatte.

Hauke hält die Entscheidung von damals auch in der Rückschau für falsch: "Wir waren eine sichere zweizügige Schule." Und er ist überzeugt, dass sich die Entscheidung auch künftig als falsch erweisen wird. Er wünsche den Gymnasien viel Erfolg, sagt Hauke - und schiebt mit Blick auf die Sekundarschulen nach: "Ich bedauere heute schon die Restschulen, die mit Support- und Differenzierungsklassen, Campus und weiterem Hochwertvokabular das Erbe der Haupt- und Realschulen angetreten haben."

Von den sechs Schulen, über deren Ende schon geurteilt wurde, schließt die als erste Ganztagsschule im Rhein-Kreis gefeierte Hauptschule auf der Furth als erste. Am gleichen Tag ist auch in der Mildred-Scheel-Realschule Schluss, die inzwischen ebenfalls nur noch Untermieter in der Christian-Wierstraet-Realschule ist. Dort gehen in zwei Jahren die Lichter aus, wenn in Neuss das Kapitel Hauptschulen, von denen es in ihren besten Tagen 14 Stück gab, endgültig endet. Von den Schulen "alten" Typs wird es neben Gymnasien und Gesamtschulen nur noch die Realschule Holzheim geben.

Viele Schließungen wurden mit den sinkenden Schülerzahlen begründet, die wiederum Ausdruck des Elternwillens sind. Das akzeptiert Hauke, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Er macht auch politisches Versagen, namentlich der tonangebenden CDU, verantwortlich, die, so Hauke, die Hauptschule diskreditiert und so den "Elternwillen" herbeigeführt habe.

Dabei galt die Hauptschule auf der Furth mal als Vorzeigeschule. Wenn in der Vergangenheit zum Start landesweiter Schulprojekte eine Bühne gesucht wurde, fiel die Wahl nicht selten auf sie. "Leben ohne Qualm" oder "Ready, steady, go!", zählt Hauke auf, der dann medienwirksam Staatssekretäre oder gar Minister durch seine Schule führen konnte. Am 30. Juni, wenn er als Rektor alle ehemaligen Kollegiumsmitglieder ins Hitch einlädt, will man aber keine Politiker (mehr) sehen und auch niemanden von der Schulverwaltung. Auch wenn sich gerade Letztere bemüht habe, so Hauke, "aus dem Ratsbeschluss das Beste für uns zu machen" - und der Schule den Umzug in einen anderen Ortsteil zu ersparen.

Auf der Furth sei die Ganztagsschule eine Institution, die den Auftrag, Kinder bis zur Berufsreife zu fördern, bis zuletzt erfüllt. Dass die in einem Zwei-Säulen-Modell mit Gesamtschulen und Gymnasien, wie es Bürgermeister Reiner Breuer anstrebt, besser aufgehoben sind, glaubt er nicht: "Es werden dort etliche Förder- und Differenzierungsmaßnahmen folgen müssen."

(-nau)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort