Neuss 800 Jahre alte Mauer im Busch-Haus entdeckt

Neuss · Das Versicherungsbüro Remy & Nauen zieht um und saniert dafür aufwendig ein Haus an der Münsterstraße.

 Hermann Loosen und Sabine Sauer von der Bodendenkmalpflege schauen sich mit Philipp Mehdorn (v.l.) die freigelegte alte Mauer an.

Hermann Loosen und Sabine Sauer von der Bodendenkmalpflege schauen sich mit Philipp Mehdorn (v.l.) die freigelegte alte Mauer an.

Foto: A. Woitschützke

Das Versicherungsbüro Remy & Nauen zieht um und saniert dafür aufwendig ein Haus an der Münsterstraße.

Ganz schwach sind die Umrisse in der Mauer zu erkennen. Sie lassen ein kleines Häuschen mit Satteldach vermuten. "Das war eine Lichtnische. Man stellte dort Kerzen rein, um die Räume zu beleuchten. Sie ist mit Ziegeln zugemauert. Wir werden sie öffnen", erklärt Sabine Sauer. Die Bodendenkmalpflegerin ist begeistert. "Bei der Freilegung des Mauerwerks haben wir entdeckt, dass die komplette Wand aus Tuffsteinen gemauert ist. Ein sicheres Indiz dafür, dass sie aus dem 13. Jahrhundert stammt", erklärt sie.

Gefunden wurde die historische Wand im Haus Nummer 4 an der Münsterstraße. Die Eigentümer Marina und Franz-Josef Stappen lassen es derzeit sanieren und umbauen. Im Herbst wollen die Versicherungsmakler von Remy & Nauen einziehen. "Wir werden im Erdgeschoss einen modernen Kundenbereich und Besprechungsräume gestalten, lichtdurchflutet und mit viel Glas. In den beiden oberen Geschossen sind Büros geplant", sagt Remy & Nauen-Geschäftsführer Philipp Mehdorn.

Aktuell ist das nur mit viel Fantasie vorstellbar. Das Haus aus dem Jahr 1860 ist komplett entkernt. Auf allen Etagen halten Baustützen die Decken. Auf den Böden liegen Holzplatten. In den Ecken sind Sandsäcke gestapelt. "Als wir den Putz entfernt hatten, stellten wir fest, dass die Rückwand komplett marode ist", sagt Philipp Mehdorn. Die Holzbalken der Fachwerkmauer seien von Pilzen befallen, die Wand sei nicht mehr standsicher. "Sie muss abgetragen werden. Das ist eine große Herausforderung. Die Außenwände dürfen nicht beschädigt werden. Sonst ist die Statik gefährdet."

An der Straßenseite soll der Originalzustand des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes wieder hergestellt werden. "Wir werden wieder nur eine Tür haben und bodentiefe Fenster", so Mehdorn. Die zweite Tür war lange Zeit der Eingang des Geschenkartikelladens Pakulat, der nach Nummer 10 umgezogen ist.

Erhalten wollen die Eigentümer das aufwendig geschnitzte Holztreppenhaus aus dem 19. Jahrhundert inklusive der typischen Bodenfliesen. Auch die Balkendecke im Erdgeschoss soll bleiben. "Die Historie macht den Charme des Hauses aus. Nicht nur wegen des Denkmalschutzes, wollen wir so viel wie möglich im Originalzustand belassen. Allerdings muss es mit den heutigen Brandschutzbestimmungen vereinbar sein", so Mehdorn.

Das Haus, in dem um 1900 der Quirinuslied-Komponist Julius Busch gelebt hat, ist für die Denkmalpfleger ein Kleinod. "Auf alten Plänen und dem Kupferstich von Braun und Hogenberg ist zu erkennen, dass es offenbar an Stelle des Verwalterhauses vom Stift St. Quirin steht", erklärt Sabine Sauer. Die Tuffsteinwand, die sich vom Erdgeschoss bis in den dritten Stock zieht, sei ein weiterer Beleg dafür. Auch Teile des Kellers stammten vermutlich aus jener Zeit. "Wir haben dort noch einen Raum entdeckt, der zugemauert und möglicherweise verfüllt ist", erklärt Sauers Kollege Hermann Loosen. Der Raum soll nun geöffnet werden.

Philipp Mehdorn betrachtet die Entdeckungen mit einem lachenden und einem weinenden Auge. "Natürlich freuen wir uns über historisch relevante Funde. Aber es bringt unseren Zeitplan immer wieder durcheinander", sagt er. Im Anschluss soll das benachbarte Haus Nummer 6 auf Vordermann gebracht werden: "Dort sind ein Ladenlokal im Erdgeschoss und darüber Wohnungen geplant."

(NGZ)
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