Neuss 30. Ökumenische Michaelsvesper

Neuss · Theologe Schirrmacher: "Flüchtlinge genießen hier ihre Religionsfreiheit"

 Begrüßten als Festredner Professor Schirrmacher (2. v. l.): "Hausherr" Msgr. Guido Assmann, Pfarrer Tsoubaklis und Pfarrer Sebastian Appelfeller (v.r.).

Begrüßten als Festredner Professor Schirrmacher (2. v. l.): "Hausherr" Msgr. Guido Assmann, Pfarrer Tsoubaklis und Pfarrer Sebastian Appelfeller (v.r.).

Foto: A. Baum

Der Haltung "Das geht uns Christen nichts an" angesichts des aktuellen Flüchtlingsstromes erteilte Professor Thomas Schirrmacher eine klare Absage. Auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen im Raum Neuss (ACK) predigte Schirrmacher, Präsident des Internationalen Rates für Menschenrechte und Vorsitzender der theologischen Kommission der weltweiten Evangelischen Allianz mit Sitz in Bonn, zum Thema "Ökumenische Solidarität angesichts bedrängter und verfolgter Christen" im Quirinusmünster. Dort begingen katholische und evangelische, griechisch-orthodoxe und altkatholische Christen zum 30. Mal die ökumenische Michaelsvesper.

Ausgehend vom Bibelwort des Mitleidens mit anderen und der daraus erwachsenen Verpflichtung, füreinander zu sorgen, bezog der promovierte Theologe und Philosoph in seiner Predigt Christen aller Konfessionen ein. Bereits jetzt lebten eine halbe Million griechisch-orthodoxe Christen bei uns, so Schirrmacher. Er rechnet damit, dass durch den Flüchtlingsstrom werden weitere koptische, armenische und syrisch-orthodoxe Christen zu uns kommen werden. "Viele denken, alle arabisch aussehenden Menschen seien automatisch Muslime", erläuterte der Theologe. Die Flüchtlinge würden hier ihre Religionsfreiheit genießen, welche "ein Menschenrecht und unteilbar mit der Demokratie verbunden" sei, meinte er. Schirrmacher unterschied zwei Arten von Christen: die, welche gelitten, und jene, die nicht gelitten haben. Letztere seien aufgefordert zu helfen, denn Solidarität (wenn ein Glied leidet, leiden alle) kannte schon die frühe Kirche. "Das Christentum hatte immer verfolgte und freie Bereiche", sagte Schirrmacher und erinnerte an die Situation in der ehemaligen DDR. Den Menschen hierzulande sei mittlerweile eine ökumenische Solidarität abhanden gekommen, beklagte er, denn diese setze ein Springen über den eigenen Schatten voraus. "Wir haben doch Christen wie griechisch-orthodoxe oder koptische gar nicht für richtige Christen gehalten", rief er den Zuhörern im eher spärlich besetzten Münster zu.

Er ermunterte zu dem Gedanken, dass die Gemeinschaft im Leiden zusammengehöre, und es ein christliches Zeugnis in einer multireligiösen Welt abzulegen gelte. Es spiele keine Rolle, zu welcher Kirche die Verfolgten gehörten, denn sie alle litten für Jesus Christus, mahnte Schirrmacher eindringlich. Er machte Mut, auf andere zuzugehen, von ihnen zu lernen und ihnen praktische Hilfen zu geben.

(NGZ)
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