Neuss 20 Millionen für neues Demenzzentrum

Neuss · Mit einem in Deutschland einmaligen Leuchtturmprojekt werden die Neusser Augustinus-Kliniken zum Vorreiter. Sie vernetzen Wissenschaft und Praxis unter einem Dach. Ziel: mehr medizinische und soziale Fürsorge für Demenzkranke.

 Nach Plänen des Architekten Georg Forsch, Aachen, entsteht an der Ecke Steinhaus- / Engelbertstraße auf der Furth ein bundesweit einmaliges Demenzzentrum für Forschung und Pflege mit 6500 Quadratmetern Nutzfläche.

Nach Plänen des Architekten Georg Forsch, Aachen, entsteht an der Ecke Steinhaus- / Engelbertstraße auf der Furth ein bundesweit einmaliges Demenzzentrum für Forschung und Pflege mit 6500 Quadratmetern Nutzfläche.

Foto: ECF-Architekten

Im Rhein-Kreis Neuss leben rund 11000 an Demenz erkrankte Menschen. Ihre Zahl, so sagen die Experten, wird sich bis zum Jahr 2030 verdoppeln. Nur die wenigsten müssen stationär gepflegt werden. Doch wenn für schwer Erkrankte ein geschütztes Umfeld gesucht wird, fehlen Pflegeplätze. 40 Plätze hält das Haus Sankt Georg am Etienne-Krankenhaus vor; ebenso viele Demenzkranke stehen aber auf der Warteliste. Das soll sich in zwei Jahren ändern. Das Haus Sankt Georg wird in dem neuen Demenzzentrum mit 80 Plätzen aufgehen, das der Träger, die Neusser St.-Augustinus-Kliniken an der Steinhausstraße, Ecke Engelbertstraße im Süden der Furth errichten wird.

 Ein Quartett arbeitet fürs neue Demenzzentrum, das nun offiziell Memory-Zentrum heißt: (v. l.) Thilo Spychalski, Dr. Martin Köhne, Dr. Jens Benninghoff und Christa Bruns.

Ein Quartett arbeitet fürs neue Demenzzentrum, das nun offiziell Memory-Zentrum heißt: (v. l.) Thilo Spychalski, Dr. Martin Köhne, Dr. Jens Benninghoff und Christa Bruns.

Foto: Woi

Die Zeit der Planung ist vorbei. "Jetzt kann jeder sehen, was da wächst", sagt gestern Augustinus-Geschäftsführer Thilo Spychalski auf einer Pressekonferenz zum Baustart. 20 Millionen Euro werden dort verbaut — nicht allein für ein großes Demenz-Pflegeheim. "Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz", sagt Spychalski und meint damit: Neben dem geschützten stationären Bereich, der Kurzzeitpflege und der Tagesklinik werden unter dem Dach des Zentrums auch Schulung und Forschung zu Hause sein. Dem "Neusser Modell" kommt bundesweit Pilotfunktion zu: "Durch die enge Verzahnung von Forschung, Wissenschaft und Schulung fließen gewonnene Erkenntnisse nahtlos in die praktische Arbeit ein."

Die medizinische Leitung des Hauses hat der Psychiater Dr. Jens Benninghoff (42); er kommt aus der Forschung (Mailand, New York) und arbeitete zuletzt als Oberarzt im Bereich Gerontopsychiatrie an der Universitätsklinik Essen. Benninghoff hat nach eigenen Angaben in Neuss ein "phantastisches Projekt" zu verantworten. Von einem "Think Tank" spricht Dr. Martin Köhne. Damit verrät der Ärztliche Direktor des St.-Alexius-/St.-Josef-Krankenhauses, welche geballte Innovationskraft er sich durch die Vernetzung von Theorie und Praxis in dieser "Denkfabrik" erhofft.

Doch nicht nur in wissenschaftlicher, medizinischer und pflegerischer Hinsicht erhält Neuss ein "Leuchtturmprojekt", auch städtebaulich setzt die moderne Architektur des Aachener Büros von Georg Forsch einen Akzent auf der 8000 Quadratmeter großen Brachfläche. Und ganz nebenbei stemmen die St.-Augustinus-Kliniken noch ein kleines kommunales Konjunkturprogramm, mit dem 70 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Ein guter Teil der 20 Millionen Euro, die in das Demenzzentrum investiert werden, fließt in die heimische Wirtschaft. Derzeit laufen die Ausschreibungen für die Gewerke.

Die 20-Millionen-Investition hat der Bauherr "ohne öffentliche Zuschüsse" kalkuliert. Fünf Millionen Euro stecken die Augustinus-Kliniken als Eigenmittel in das Projekt, "das uns so sehr am Herzen liegt" (Spychalski). Bei der Deckung der Betriebskosten klafft noch eine 20-prozentige Lücke, weil die Forschung nicht von den Kostenträgern bezahlt wird. Die Hoffnung hat einen Namen: EU-Fördermittel.

(NGZ)
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