Neukirchen-Vluyn Sozialdemokraten gehen zurück auf Los

Neukirchen-Vluyn · Nach dem Rücktritt von Jochen Gottke gilt Elke Buttkereit als aussichtsreiche Anwärterin auf den SPD-Fraktionsvorsitz. Sie hofft, dass Gottke der Fraktion weiter beratend zur Seite steht. In den Rat rückt Susanne Scheil für ihn nach.

 Betretene Mienen am Wahlabend: (von links) Fraktionsmitglied Rolf Heber, Jochen Gottke, der Bundestagsabgeordnete Siegmund Ehrmann und Fraktionsvize Günter Zeller.

Betretene Mienen am Wahlabend: (von links) Fraktionsmitglied Rolf Heber, Jochen Gottke, der Bundestagsabgeordnete Siegmund Ehrmann und Fraktionsvize Günter Zeller.

Foto: Klaus Dieker (archiv)

Unter das Motto "Neustart" hatte die SPD in Neukirchen-Vluyn ihren Kommunalwahlkampf im vergangenen Jahr gestellt. Nach der Bürgermeisterwahl in diesem Jahr holt es sie ein: Der Ortsverein steht vor einem selbst verordneten Neustart. Jochen Gottke, der bei den Bürgermeistwahlen gegen Harald Lenßen mit fast 20 Prozent Unterschied untergegangen ist, legt, wie gestern berichtet, nicht nur den Fraktionsvorsitz nieder, sondern auch sein Ratsmandat. Nach intensiven Diskussionen über die Gründe der Wahlniederlage wollen sich die Sozialdemokraten organisatorisch und personell neu aufstellen.

Er habe von sich aus den Rücktritt vorgeschlagen, betonte Gottke gestern. "Ich sagte mir: Vielleicht bist du ein Teil der Lösung." Gottke gilt als "Alphatier". Er gibt selbst zu, er sei schon vor Übernahme des Vorsitzes im vergangenen Jahr sehr dominant in der Fraktion gewesen und habe zahlreiche politische Anträge - von denen die meisten Erfolg gehabt hätten - formuliert. "Der Streber ist nicht der Beliebteste in einer Klasse." Möglicherweise führe sein Rückzug auch zu mehr Offenheit gegenüber der SPD in den anderen Fraktionen.

Gottke hatte sich 1998 schon einmal für zehn Jahre, damals aus beruflichen Gründen, aus der aktiven Politik zurückgezogen. Eine abermalige Rückkehr schloss er gestern aus. "Ich bleibe aber als AWO-Vorsitzender und Unterbezirksdelegierter ein aktiver Mensch."

Bei der Ratssitzung am 30. September wird Gottke letztmalig als Fraktionschef auftreten. Was seine Nachfolge angeht, sei schon vor den Wahlen ein Szenario entworfen worden, das nach seinem Wechsel ins Bürgermeisteramt greifen sollte. Heiße Kandidatin für den Fraktionsvorsitz ist Elke Buttkereit. Die 49-Jährige ist zwar erst seit vergleichsweise kurzer Zeit in der SPD (seit 2009) und im Rat (seit 2014), konnte sich aber bereits profilieren und wurde 2013 zur Ortsvereinsvorsitzenden gewählt. Diese Funktion müsste sie vermutlich aufgeben, um sich ganz auf die Aufgabe als Fraktionschefin zu konzentrieren. Buttkereit sprach gestern die Hoffnung aus, dass Gottke der Fraktion künftig beratend zur Seite steht. "Seine Sachkompetenz wird fehlen, auch in der Diskussion mit den anderen Fraktionen."

Auch SPD-Urgestein Günter Zeller käme natürlich für den Fraktionsvorsitz infrage, bis 2014 hatte er diesen schon 15 Jahre lang inne. Allerdings ist Zeller sicherlich nicht der Mann, der für einen personellen Neubeginn stünde. Zeller selbst brachte gestern Gerd Lück und Rolf Heber als geeignete Kandidaten ins Spiel. Die Frage der Gottke-Nachfolge sei jedoch noch völlig offen, versicherte er: "Wir halten auch der Fraktion die Demokratie hoch."

Zeller zollte Gottke gestern Respekt für seinen Rückzug. "Da ist er sehr konsequent." Fraktion und Ortsverein hätten sehr offen über den Wahlausgang gesprochen. Ein Ergebnis der Analyse sei: "Wir konnten den Bürgern unsere Stärken und Leistungen nicht so deutlich an die Hand geben." Beispiel sei die Rettung der Kulturhalle, zu der die SPD wesentliche Impulse beigesteuert habe. Zudem habe Harald Lenßen Themen aufgegriffen, die von der SPD angestoßen worden seien, wie den Kauf des Hochhauses am Vluyner Nordring.

Der SPD-Kreisvorsitzende René Schneider lobte gestern die Auseinandersetzung der Neukirchen-Vluyner Sozialdemokraten mit dem Wahlergebnis als vorbildlich. Schneider möchte die SPD im Kreis jünger, flotter, weiblicher machen. Elke Buttkereit könne er sich als Aushängeschild des Ortsvereins gut vorstellen. "Sie ist ein starker Charakter, kann die Ärmel hochkrempeln, nimmt aber auch gerne Ratschläge an. Es wäre ein starkes Signal, wenn die Fraktion sie wählt."

(RP)
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