Neukirchen-Vluyn Kandidaten befragen - an fünf Tischen

Neukirchen-Vluyn · Die Bundestagskandidaten für Moers, Neukirchen-Vluyn und Krefeld-Nord beantworteten gestern bei einer Art "Speed-Dating" die Fragen der Bürger. Eingeladen ins Freizeitzentrum Klingerhuf hatten die örtlichen DGB-Verbände.

 CDU-Kandidatin Kerstin Radomski im Gespräch an einem der fünf Tische. Links neben ihr Bundesminister a. D. Jürgen Schmude (SPD), der ebenfalls als interessierter Besucher zu der Veranstaltung nach Neukirchen-Vluyn gekommen war.

CDU-Kandidatin Kerstin Radomski im Gespräch an einem der fünf Tische. Links neben ihr Bundesminister a. D. Jürgen Schmude (SPD), der ebenfalls als interessierter Besucher zu der Veranstaltung nach Neukirchen-Vluyn gekommen war.

Foto: Klaus Radomski

Von Tisch zu Tisch, einmal im Kreis - diesen Parcours haben gestern die Bundestagskandidaten für den Wahlkreis 114 im Sport- und Freizeitzentrum Klingerhuf zurückgelegt und sich dabei den Fragen von Bürgern gestellt. Eingeladen zu der Veranstaltung unter dem Titel "Gute Arbeit und sichere Rente" hatten die zwei örtlichen DGB-Verbände, der Kreisverband Wesel und der Stadtverband Krefeld. Angelika Wagner, die Geschäftsführerin der DGB-Region Niederrhein, eröffnete den Nachmittag und erläuterte das Prinzip: Die Kandidaten wechseln nach einer gewissen Zeit die Tische, so dass jeder Wähler einmal jeden Politiker befragen kann.

Natürlich stammten viele der Besucher aus der Gewerkschaft, doch wer nun glaubte, dass SPD-Kandidatin Elke Buttkereit oder Manfred Büddemann (Linke) sanfter angefasst wurden, der täuschte sich. Buttkereit bekam eine Menge Frust über steigende Mieten, schmale Renten, Missstände bei der Leiharbeit und prekäre Lebenverhältnisse ab. All dies sei eine Folge der Agenda 2010 unter der Schröder-Regierung, die Buttkereit - halb verstehend, halb verteidigend - als "mutige Reform, die aber Nachbesserung braucht" bezeichnete. "Das muss zurückgedreht werden!", da waren viele an den Tischen sich einig.

"Zurück" - dieser Begriff prägte viele Gespräche. Zurück in gute alte Zeiten mit unbefristeten Arbeitsverhältnissen, mehr sozialer Sicherheit und einem soliden Rentenkonzept, bei dem man nicht noch umständlich privat vorsorgen musste. Da wirkte der jüngste Kandidat, Florian Philipp Ott (FDP), fast wie ein Exot, als er erklärte: "Ich plädiere für mehr Zukunftsoptimismus." Die Arbeitswelt ändere sich, Chancen täten sich auf durch die digitale Revolution. Jochen Lobnig, Ratsherr der Piraten, dämpfte diese liberale Hoffnung: Neue Entwicklungen in Asien machten viele Arbeitsplätze überflüssig, "und diese Technik wird auch zu uns kommen."

Kerstin Radomski (CDU), die wie Ulle Schauws (Grüne) bereits ein Mandat im Bundestag hat, konnte bei den Gesprächen auf ihre Erfahrungen als Lehrerin zurückgreifen. Obwohl viele ältere Schüler sich auf den Bildungsstätten sichtlich langweilten, entschieden sich nur wenige zur einer Ausbildung, ein großer Teil gehe erstmal aufs Berufskolleg. "Wir müssen vermitteln, dass auch eine Lehre zielführend sein kann", sagte Radomski, und da nickten manche der DGB-Mitglieder.

Generell, so ein Tenor der Unterhaltungen, habe die Politik im Lande die Sorgen der kleinen Leute zu lange vernachlässigt. "Ich müsst euch mal um die Menschen in Deutschland kümmern, nicht um die in Griechenland", meinte Mitdiskutant Joachim Haßbargen, Gewerkschafter und Bergmann. Vor allem die Zukunft der Rente machte den Fragestellern Sorgen. Da waren die neuesten Forderungen von Wirtschaftswissenschaftlern, man solle sich auf die Rente mit 70 Jahren einstellen, eine willkommene Steilvorlage: "Warum geht es den Rentnern in anderen Ländern viel besser, zum Beispiel in Österreich?" Man höre vor den Wahlen immer schöne Worte, doch leider ändere sich kaum etwas Grundlegendes.

Die DGB-Organisatoren achteten sorgfältig darauf, dass die Zeiten an den Tischen eingehalten wurden und die Kandidaten sich nicht festredeten. Kerstin Radomski zog nach vier Tischen eine erste Bilanz: "Ich habe etwas gelernt."

(s-g)
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