Neukirchen-Vluyn Hier sind Druck-Raritäten zu bewundern

Neukirchen-Vluyn · Mit wechselnden Ausstellungen lässt Fritz van Rechtern altes Handwerk in Neukirchen aufleben. Aktuell zeigt er im Schaufenster die Kunst der Buchbinderei. Doch er hat noch weiterreichende Pläne.

 Fritz van Rechtern vor dem Schaufenster des Kulturzimmers. Können Sie den Schriftzug in seinen Händen entziffern?

Fritz van Rechtern vor dem Schaufenster des Kulturzimmers. Können Sie den Schriftzug in seinen Händen entziffern?

Foto: Klaus Dieker

Fritz van Rechtern ist ein Mann der Tat. "Die leeren Schaufenster im Dorf Neukirchen sind kein Aushängeschild. Ich habe die Schulkulturbeauftragte Ulrike Reichelt angesprochen, ob sich daran etwas ändern lässt", sagt er.

Längst hatte sich van Rechtern Gedanken gemacht, wie sich die Schaufenster füllen lassen. Zur freien Gestaltung bekam er im Kulturzimmer in Höhe der Dorfkirche eine Fensterfront. "Meine erste Ausstellung drehte sich um den niederrheinischen Bergbau. Eine ehemalige Bergbaustadt muss sich um seine Vergangenheit kümmern", sagt van Rechtern. Die Resonanz auf die Exponate fiel positiv aus und gab dem Initiator Recht. Die Besucher blieben vor dem Fenster stehen oder gingen ins Kulturzimmer, um das eine oder andere in die Hand zu nehmen.

Van Rechtern kann die Begeisterung verstehen. Er selbst ist Mitglied der Fördergemeinschaft für Bergmannstradition Linker Niederrhein. Nach der Premiere dekorierte er das Schaufenster um. Der Buchbinderei und damit auch dem Buchdruck räumte van Rechtern den gebührenden Platz, pünktlich zum internationalen Tag des Buches, ein. Zu sehen sind neben Raritäten Arbeitsutensilien für die Fadenheftung oder Gerätschaften wie verschiedene Fileten. "Damit wurden Buchdeckel verziert", erklärt der gelernte Buchdrucker. In Handarbeit wurde aus hauchdünnem Blattgold ein Rand oder aber Schmuckelemente aufgetragen. Ausgestellt ist die kleinste Bibel der Welt, von der es im Millimeterformat nur noch vier Exemplare gibt. "Interessant ist auch das Beutelbuch, das die Mönche bei ihrer Wanderschaft am Gürtel trugen", sagt van Rechtern. Hinzu kommen aus den damals üblichen Setzkästen verschiedene Schrifttypen oder historische Embleme der Automobilclubs.

Auch in Neukirchen wurde die hohe Kunst des Buchbindehandwerks gepflegt, so beim Erziehungsverein. Verschiedene Buchbindearbeiten der Ausstellung stammen vom verstorbenen Karl-Heinz Bärwinkel. Sein Handwerk erlernte er beim Buchbindemeister und Grafiker Fritz Scheppat. Der 93-Jährige lebt heute im Seniorenhaus Bethanien in Moers. "Mir geht es darum, das Wissen alter Handwerkskunst zu bewahren und an die junge Generation weiterzugeben", sagt der Gutenberg-Jünger mit Blick auf hochmoderne Druckverfahren im digitalen Zeitalter. Im Juni wird er bei der Nachtwächterführung mitmachen unter dem Motto "Buchbinder trifft Nachtwächter". Der Johannistag, 24. Juni, erinnert im Buchdruck an den Erfinder des Buchdrucks Johannes Gutenberg.

Van Rechtern hat Pläne, die weit über die kleine Auswahl im Schaufenster hinausgehen. "Mein Traum ist ein Druckmuseum, in dem alte Druckmaschinen und Gerätschaften ausgestellt werden. Alles ist noch offen, aber ich habe meine Pläne an den entsprechenden Stellen ins Gespräch gebracht", sagt der 62-Jährige. Material hat er über Jahrzehnte gesammelt. Ihm geht es nicht nur um die Präsentation. "Mir schwebt ein Mitmachmuseum vor", sagt er. Auch einen Standort hat er ausgemacht. Auf Niederberg stehen die alten Pförtnerhäuschen, die ihm ideal erscheinen. "Ein Buchdruckmuseum auf Niederberg und gegenüber ein Bergmannsmuseum auf originalem Zechenboden, das wäre mein Wunsch."

(sabi)
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