Neukirchen-Vluyn "Es war der Moment, etwas zu wagen"

Neukirchen-Vluyn · Elke Buttkereit ist in Neukirchen-Vluyn tief verwurzelt. Nun tritt sie im Wahlkreis 114 als SPD-Kandidatin für Berlin an.

 Links: Elke Buttkereit im Ortskern von Vluyn. Dort wohnt sie in unmittelbarer Nähe ihres Arbeitsplatzes, der Firma Paradies. Oben: Das Ehepaar Buttkereit als Klompenkönigspaar. Die SPD-Politikerin ist ins Vereinsleben ihrer Heimatstadt eingebunden.

Links: Elke Buttkereit im Ortskern von Vluyn. Dort wohnt sie in unmittelbarer Nähe ihres Arbeitsplatzes, der Firma Paradies. Oben: Das Ehepaar Buttkereit als Klompenkönigspaar. Die SPD-Politikerin ist ins Vereinsleben ihrer Heimatstadt eingebunden.

Foto: Dieker/Reichwein(Archiv)

Wenn Elke Buttkereit morgens das Haus verlässt, braucht sie nur ein paar Schritte zu ihrem Arbeitsplatz, der Bettwaren-Firma Paradies. Dort ist sie Leiterin der Arbeitsvorbereitung und Fertigungssteuerung. Künftig könnte ihr Weg zur Arbeit länger werden. Die 49-Jährige ist Kandidatin der SPD für den Bundestag im Wahlkreis 114, der Moers, Neukirchen-Vluyn und den Krefelder Norden umfasst. Wenn sie Erfolg hat, wird sie demnächst zwischen Berlin und dem Niederrhein pendeln.

Eine ungewohnte Situation für die gelernte Industriekauffrau, deren Lebensmittelpunkt immer Neukirchen-Vluyn gewesen ist. Hier wurde sie geboren, hier wohnt sie direkt im Ortskern, hier arbeitet sie bei einem Traditionsunternehmen, das immer noch am alten Standort steht. Ehemann Dirk war jüngst ein Jahr lang Klompenkönig, das bedeutet viel im Ort, sie stand ihm als Königin zur Seite. Sie engagiert sich im lokalen Karneval. Man versteht, warum sie sich ihren Parteigenossen bei den Vorstellungsrunden immer wieder als "bodenständig" empfohlen hat.

"Als Siegmund Ehrmann seinen Rückzug angekündigt hat, da habe ich nicht sofort an eine Kandidatur gedacht", sagt Elke Buttkereit. "Das war keine Agenda von mir, es hat sich ergeben." Natürlich waren der Rückhalt des Ehemanns und des 21-jährigen Sohnes wichtig. "Wir haben in der Familie lange darüber gesprochen. Aber es war der richtige Moment etwas zu wagen."

Die Bundestagskandidatin ist erst seit 2009 Mitglied der SPD. "Ich komme aus einer Arbeiterfamilie", erzählt sie. "Aber Politik war bei uns kein großes Thema." Das Interesse daran habe sich erst mit den Jahren entwickelt. Im Jahr 2013 übernahm den Vorsitz des SPD-Ortsvereins Neukirchen-Vluyn. "Sie passt hundertprozentig", lobte damals ihr Vorgänger Rolf Heber. Buttkereit gewann rasch an Profil: Sie ist seit 2015 auch Fraktionsvorsitzende der SPD in Neukirchen-Vluyn.

Im Wettbewerb um die Bundestagskandidatur hat Elke Buttkereit sich gegen die Mitbewerber Sabine Groß, Silvia Rosendahl und Attila Cikoglu durchgesetzt. Bei den Vorstellungsrunden punktete sie nicht zuletzt durch ihre direkte, ungezwungene Art. Was ebenfalls gut ankam, war ihr Bekenntnis zu alten sozialdemokratischen Werten. "Wir müssen wieder unsere Urwählerschaft ins Auge fassen", sagt sie. Ein auskömmliches Leben für alle, eine sichere Rente, gesellschaftliche Solidarität - das sind für sie Dinge, die es zu bewahren gilt. "Das klingt vielleicht für manche altmodisch oder romantisch, aber man muss sich gegen die schlechte Stimmung im Land stemmen."

Mit welchen Fragen wird die Politikerin Elke Buttkereit von den Bürgern konfrontiert? "Viele machen sich Sorgen über die Rente", sagt sie. "Auch über die Abgehobenheit der Politiker wird viel gesprochen. Und natürlich spielt das Thema Flüchtlinge eine große Rolle."

Nicht zuletzt dieses Thema sorgt dafür, dass manch früherer SPD-Wähler das Kreuz nun bei der AfD macht. "Man muss den Menschen klar machen, dass die Alternative für Deutschland keine Protestpartei, sondern eine Gefahr ist", kommentiert Buttkereit deren Aufstieg.

Leider werde vieles Gute, das die SPD im Bund bewirke, nicht wahrgenommen. Ihr Ideal: "Ein Klima zu schaffen, das den Unternehmen ermöglicht zu arbeiten, aber zugleich die sozial Schwachen nicht vergisst." Doch gerade letzteres werfen viele Wähler der SPD vor - war sie es doch, die gemeinsam mit den Grünen in den Nuller-Jahren die Agenda 2010, eine umstrittene Reform der Sozialsysteme, zu verantworten hatte. Buttkereit weiß, dass die Menschen das nicht vergessen haben. Sie lehnt die Agenda nicht ab, meint aber: "Wir müssen da nachbessern. Es kann nicht sein, dass Menschen ihr Leben lang gearbeitet haben und dann nicht von ihrer Rente leben können. Nicht alles lässt sich durch private Vorsorge regeln."

Nach den jüngsten Wahlterminen gönnt sich Elke Buttkereit vorerst noch keine Ruhe. "Ich besuche derzeit die einzelnen Ortsvereine im Wahlkreis", sagt sie. Und sie verspricht: "Ich gehe mit Schwung an die neue Aufgabe."

(s-g)
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