Neukirchen-Vluyn Anliegerbeiträge gelten nicht für ewig

Neukirchen-Vluyn · Der Fall des "Hitler-Asphalts" hat für Schlagzeilen gesorgt: In Düsseldorf müssen Anlieger nun für einen Straßenbelag aus der NS-Zeit zahlen. In Neukirchen-Vluyn sei so ein kurioser Fall nicht zu befürchten, versichert die Stadtverwaltung.

 Wenn kaputte Straßen saniert werden müssen, fallen in der Regel Anliegerbeiträge an. Das regelt das Kommunalabgabengesetz.

Wenn kaputte Straßen saniert werden müssen, fallen in der Regel Anliegerbeiträge an. Das regelt das Kommunalabgabengesetz.

Foto: Ralph Matzerath

Briefe vom Amt stehen im Ruf, selten Erfreuliches zu bringen. Zu den unbeliebtesten gehören jene, die den Anliegern bestimmter Straßen mitteilten, sie müssten für die Erschließung bzw. Sanierung Beiträge bezahlen. Denn die können bekanntlich üppig ausfallen. Für Schlagzeilen gesorgt hat nun der Fall des so genannten "Hitler-Asphalts" im Düsseldorfer Süden. Dort wurden Hausbesitzer aufgefordert, Beiträge für eine Fahrbahndecke aus der NS-Zeit zu zahlen. Eine Klage der Anlieger gegen die Stadt scheiterte.

Kann so etwas auch in Neukirchen-Vluyn passieren? Können Anliegerbeiträge auch aus eine Zeit anno Tobak noch den Nachfahren der Häuslebauer auf die Füße fallen? Frank Grusen, Sprecher der Stadt Neukirchen-Vluyn, gibt Entwarnung. Ein so ungewöhnlicher Fall wie in Düsseldorf liege in Neukirchen-Vluyn nicht an.

"Man muss unterscheiden zwischen den Erschließungs- und den eigentlichen Anliegerbeiträgen", erläutert Grusen. Die ersteren sind fällig, wenn eine Straße neu gebaut wird, der Anteil an den Kosten, den die Anlieger aufbringen müssen, ist dann größer. Die zweite Art der Beiträge ist fällig, wenn eine Straße saniert wird. Die juristische Grundlage ist das Kommunalabgabengesetz (KAG). Nach Beendigung der Baumaßnahmen, aber erst dann, wenn die Kosten vollständig feststehen, werden die Anliegerbeiträge berechnet. In der Regel erhalten die Bürger die Aufforderungen zu zahlen, ein bis zwei Jahre nach Ende der Arbeiten. Damit sich alle Bürger auf die finanziellen Folgen einstellen können, gebe es im Vorfeld Bürgerinformationen, erläutert Frank Grusen. Doch was, wenn die Kosten so hoch sind, dass der oder die Betroffene finanziell überfordert sind? "Dann gibt es die Möglichkeit zur Stundung", versichert Grusen. Allerdings sei die Kommune dann gesetzlich verpflichtet, sechs Prozent Zinsen zu nehmen.

Es gibt im Fall der Anliegerbeiträge auch eine Verjährung. Cora Eink, Expertin vom Städte- und Gemeindebund erläutert: "Die Festsetzungsfrist beträgt grundsätzlich vier Jahre, danach tritt sogenannte Festsetzungsverjährung ein. Die Frist beginnt allerdings erst dann zu laufen, wenn der Beitragsanspruch entstanden ist." Das sei mit Abnahme der letzten Bauarbeiten der Fall.

Doch wie konnten dann im Falle des "Hitler-Asphalts" die Bürger noch so lange nach Beginn der Arbeiten zu Kasse gebeten werden? Cora Eink: "Bei dem Fall des sogenannten Hitler-Asphaltes war die Besonderheit, dass 1937 die Fahrbahn aufgetragen wurde, 1956 die Straßenbeleuchtung dazukam, 1976 der Kanal. 2009 und 2010 wurden Gehwege gebaut und Grünstreifen angelegt. Erst mit dem Bau der Bürgersteige war die 1937 begonnene Erschließung des Straßenabschnitts - über 70 Jahre später - beendet worden. Somit begann auch die Festsetzungsverjährung nicht früher zu laufen." Solche Fälle seien aber selten. Die Mehrzahl der Straßenbaumaßnahmen sei nach Erfahrung des Städte- und Gemeindebundes innerhalb weniger Monate beendet, so dass die Abrechnung bald darauf zugestellt wird - was die Laune des Empfängers vermutlich auch nicht bessern wird.

(s-g)
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